Viktor, allein in Budapest

DIE "PRESSE"-MEINUNG

Sechs Mandate fehlten Viktor Orbán am Ende zur absoluten Mehrheit - sechs Mandate, um weitere vier Jahre an den Hebeln der Macht in Budapest schalten und walten zu können. Das zeigt auch, wie verbissen er die vergangenen zwei Wochen um jede Stimme gekämpft hatte. Manche meinen, zu verbissen - und genau das könnte ihm am Ende die erhoffte Absolute zum Weiterregieren gekostet haben Die Warnungen des Konservativen Orbán etwa vor dem "Großkapital", das sich in Gestalt der Sozialisten und Linksliberalen anschicke, die Macht zu übernehmen, wirkten vermutlich nicht nur außerhalb Ungarns einigermaßen kurios; und seine nationalistische Rhetorik war bisweilen maßlos und unangebracht.

Ganz bestimmt aber verschreckte Orbán damit die urbanen Intellektuellen des Bundes Freier Demokraten nur noch mehr, die damit als Koalitionspartner einzig für die Sozialisten in Frage kommen. Eigentlich wären die ungarischen Liberalen ja in einer tollen politischen Ausgangslage: nämlich wie ehedem die deutsche FDP das Zünglein an der Waage zu sein, zwischen konservativem und linkem Lager als Regierungspartner zu lavieren und damit die politische Tagesordnung entscheidend mitzubestimmen; die gegenseitige Abneigung zwischen Orbáns Jungdemokraten und Gabor Kunczes Freidemokraten verhindert dies.

Ob in der links-liberalen Koalition deshalb alles glatt laufen wird, darf freilich bezweifelt werden. Denn post-kommunistische Anspruchsmentalität und sozialdemokratischer beziehungsweise liberaler wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Gestaltungswille müssen nicht unbedingt gut miteinander harmonieren.


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.