Temelin-Betreiber wollen mehr Brennstäbe beim AKW lagern

Verdoppelung der Lagerkapazität für Brennstäbe, längere Nutzung, mehr Verstrahlung: Das sind die heißesten von 78 Themen, die am Dienstag in einer Anhörung in Tyn behandelt werden.

WIEN/PRAG. Die öffentliche Anhörung, die am Dienstag nachmittag in Tyn nad Vlatovou über die Bühne
geht, ist erst der Auftakt für ein neues Kapitel in der Debatte um das umstrittene Atomkraftwerk Temelin.
Das Hearing behandelt 78 Änderungen an den ursprünglichen Kraftwerksplänen, die nach Inkrafttreten des
tschechischen Gesetzes zur Prüfung der Umweltverträglichkeit (UVP) 1992 vorgenommen worden sind.

Manche der Punkte, die unter diese Regelung fallen, haben marginale Sicherheitsbedeutung - etwa die
Verlängerung der Kantine um drei Meter. Allerdings befinden sich auch, wie Experten dies gänzlich unakademisch
ausdrücken, "echte Hämmer" unter den 78 Punkten.

Wasser erhitzt sich rascher

So werden die Uran-Brennstäbe nicht drei, sondern vier Jahre im Reaktor bleiben. Das bedeutet Kostenersparnis
- und bedingt, daß mehr Spaltprodukte - radioaktiv belastetes Material - anfällt. "Kein Problem", heißt
es dazu in der Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) der Anlagenbetreiber, der CEZ.

Die ausgedienten Brennstäbe werden dann - auch das eine gravierende Änderung - nicht in Normal-, sondern
in Kompaktlagerung abklingen. Im Klartext: In den Abklingbecken werden fast doppelt so viele Brennelemente
gelagert. Dadurch erhitzt sich dieses Kühlwasser rascher und stärker. "Kein Problem", so die UVE.

Heiße Eisen bei dieser Anhörung werden die, so österreichische Experten,  nicht ausreichend qualifizierten
Ventile sein, die Dampf- und Wasserleitungen auf 28,8 Metern Höhe, aber auch Störfallszenarien, die
Unfälle außer acht lassen, welche die Auslegung des AKW-Sicherheitsystems übersteigen.

Anders als die Ergebnisse der bilateralen Kurz-UVP, die im Rahmen der Melker Vereinbarung zwischen dem
österreichischen und tschechischen Regierungschef durchgeführt worden ist, hat das UVP-Verfahren über
diese 78 Änderungen auch konkrete Folgen für die AKW-Betreiber: Es wird einen verbindlichen Bescheid
geben.

Österreichs Bundesregierung hat eine umfassende Stellungnahme bereits nach Prag geschickt. Auf ein separates
Hearing wird Wien nicht drängen. Denn Prag ist unter massivem Druck aus Berlin: Deutschland hat mit
der tschechischen Republik ein bilaterales Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von UVP. Darauf
pochend wird eine Anhörung auch in Deutschland vorbereitet - und, zumindest in Wien, erwartet, daß deutsche
Experten eine schärfere Gangart bei den nuklear relevanten Sicherheitsfragen einschlagen werden. Der
deutsche Umweltminister Trittin hatte das AKW Temelin mehrmals als "unsicher" bezeichnet.

"Zickzackkurs der FP"

In Wien hat Eva Glawischnig, Umweltsprecherin des Parlamentsklubs der Grünen, heftige Kritik an der
Temelin-Politik der Regierung geübt: Kanzler Schüssel sei "passiv", die FP folge einem "Zick-Zack-Kurs".
Glawischnig verlangt, daß am Temelin-Gipfel in zwei Wochen nicht nur die Vertreter der Parlamentsparteien,
sondern auch die von Umweltorganisationen teilnehmen.


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