Darwin, Bufo ist da!

BIOLOGIE. Der Vormarsch der „Bioinvasoren“ in Australien lässt sich auch vom Klima nicht aufhalten.

Dass die Hauptstadt des nördlichen Australien just „Darwin“ heißt, ist natürlich Zufall; kein Zufall hingegen ist, dass es in Darwin eine Organisation namens FrogWatch gibt, die die Bürger im Rahmen der Aktion NIMBY (Not in My Back Yard) zur Wachsamkeit ruft: „Überall in der Stadt sind die Krötenzahlen gering, außer beim Lee Point und an der Küste“ (www.frogwatch.org.at). Am Lee Point wurden am 26.März gleich 37 Exemplare gesichtet, darunter eines der größten bisherigen, 20 Zentimeter lang – nur der Körper, von den Beinen nicht zu reden –, fast ein Kilo schwer, „Toadzilla“.

Auch diese Riesin ist ein Zufall, aber das ganze Geschehen ist keines: Am 18.August 1935 wurden an der Ostküste Australiens 500 Tiere ausgesetzt, die es in Australien nicht gab und die man aus Hawaii importiert hatte, Zuckerrohrkröten (Bufo marinus), sie sollten Käfer dezimieren, die dem Zuckerrohr zusetzten. Zwei Tage später kamen noch 41.800, ein halbes Jahr später verbot das Commonwealth Freisetzungen. Zu spät, die Kröten marschierten los und entwickelten sich zur Plage, für australische Kröten, deren Territorien sie besetzten, und für Krötenfresser: Bufo ist hoch giftig.

Inzwischen haben sie die halbe Nordküste erwandert, ein Gebiet, das größer ist als Frankreich und Spanien zusammen. Und sie kommen immer rascher voran, zeigen die Macht der Evolution: Die Füße der Kröten an der vordersten Front sind größer geworden, sie werden wieder kleiner, wo Wanderer bleiben (Nature 439, S.803).

Aufhalten kann man sie nicht – allenfalls regional wie in einzelnen Vierteln Darwins –, aber lange war man sicher, dass das Klima sie aufhalten wird: In Temperaturbereiche unter fünf und über 37 Grad können sie in ihren Herkunftsländern nicht leben. In Australien können sie es nun. Und sie werden ein doppelt so großes Territorium erwandern – und erfliegen oder mit dem Truck hinfahren, die Westküste ist noch frei – wie bisher befürchtet. Das prognostiziert eine Gruppe um Mark Urban (Yale) und vermutet, dass auch hier die Evolution im Spiel ist und die Kröte für neue Habitate fit macht: „Eine weitere Ausbreitung könnte die in Australien heimischen Kröten ruinieren“, fürchten die Forscher (Proceedings B, 28.3.).

Wettrüsten: Evolution gegen Evolution

Aber das zeugt von wenig Vertrauen in die Evolution – der anderen. Frühere Ängste – etwa die, dass krötenfressende Schlangen an dem Gift zugrunde gehen – haben sich nicht bestätigt, auch die Schlangen haben sich verändert: Manche sind so klein geworden, dass sie keine Kröten mehr fressen können, andere so groß, dass sie an dem Bissen nicht sterben (Pnas, 101, S.17150). „Bisher sind keine Arten verloren gegangen“, berichtet, wieder aus Darwin, Ökologe Tony Griffith (news@nature.com, 28.3.).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2007)


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