ÖVP: Nein zu Gesamtschule

Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky und ÖVP-Obmann und Vizekanzler Wilhelm Molterer.
Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky und ÖVP-Obmann und Vizekanzler Wilhelm Molterer.AP (Ronald Zak)
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Keine Gesamtschule, kein verpflichtendes Vorschuljahr - darin ist sich die ÖVP jetzt einig. Für die SPÖ ist der Beschluss ein "Maulkorb-Erlass" gegen fortschrittliche Kräfte innerhalb der Volkspartei.

Die ÖVP hat in ihrer heutigen Vorstandssitzung das Nein zur Gesamtschule fixiert. In einer gut zweistündigen Sitzung die Partei ihr Grundsatzprogramm zur Schulpolitik festgelegt. Es enthält eine klare Absage gegenüber der Gesamtschule und einem verpflichtenden Vorschuljahr. Einem Einheitssystem über das ganze Land werde die ÖVP sicher nicht beitreten, erklärte Parteiobmann Wilhelm Molterer im Anschluss. In Regionen und Ländern seien freilich auch andere Modelle denkbar, wandte sich der Vizekanzler zumindest nicht gegen Gesamtschulversuche.

Lehrerausbildung modernisieren

Molterer forderte weiters Verlässlichkeit im Bildungsbereich ein: Die Schule dürfe nicht zu einem ständigen Experimentierfeld verkommen. Die Kindergärten will die ÖVP mit einem speziellen Förderprogramm für den Spracherwerb aufwerten. Modernisiert werden soll auch die Lehrerausbildung.

Der Vizekanzler erklärte zum Beschluss, dass dieser auch von allen Ländern mitgetragen werde. Bei den Ländervertretern scheint diese Festlegung auf wenig Interesse zu stoßen. Acht der neun Landesobmänner fehlten bei der Sitzung. Einzig Burgenlands Landeschef Franz Steindl war zu sehen.

Signal an Koalitionspartner und Partei

Landwirtschaftsminister und Parteivize Josef Pröll sprach vor der Sitzung von einem Signal an den Koalitionspartner. Es werde ein Zeichen gesetzt, dass die ÖVP gegen Zwang und monopolistische Schulsysteme weiter auftreten werde.

Es ist aber auch ein Zeichen innerhalb der Partei: Noch vor wenigen Tagen hatte sich der steirische Landesparteichef Hermann Schützenhöfer für eine Schule für alle 10- bis 14-Jährigen ausgesprochen. Der oberösterreichische Parteichef und Landeshauptmann Josef Pühringer hielt eine verpflichtende Vorschule für durchaus diskussionswürdig. Angesichts des Beschlusses werden diese Stimmen wohl verstummen.

SPÖ-Kritik: Maulkorb für fortschrittliche Kräfte der ÖVP

Die SPÖ reagierte mit einer scharfen Attacke auf ÖVP-Chef Wilhelm Molterer, Klubobmann Wolfgang Schüssel und Bildungssprecher Fritz Neugebauer. SP-Geschäftsführer Josef Kalina wertet den Vorstands-Beschluss als "letzten, verzweifelten Versuch der schulpolitischen Blockierer in der ÖVP, eine Debatte abzuwürgen, die auch in der ÖVP längst angekommen ist".

Die "ÖVP-Bremser" rund um Molterer, Neugebauer und Schüssel könnten die Debatte kurzfristig noch unter der Decke halten, "aber auch in der ÖVP selbst wird ja der Unmut über dieses Einbetonieren immer größer", glaubt Kalina.

SP-Jugendsprecherin Elisabeth Grossmann kritisiert die Festlegung der ÖVP als "Maulkorberlass", um die "fortschrittlichen Kräfte" in der eigenen Partei zum Schweigen zu bringen.

ÖVP "betoniert" sich ein

Mit der Fixierung der Absage an die Gesamtschule und ein verpflichtendes Vorschuljahr "konterkariert die ÖVP das Koalitionsabkommen", kritisierte SPÖ-Bildungssprecher Erwin Niederwieser. In den Regierungsverhandlungen sei bei diesen Themen keine Einigung erzielt worden. Darum habe man vereinbart, Expertenkommissionen einzurichten um dann auf der Basis von deren Ergebnissen zu entscheiden.

"Wenn die ÖVP sich aber noch vor Beginn der Arbeit der Expertengruppe 'einbetoniert', dann ist das nicht nur eine Geringschätzung der Expertengruppe und ihres Vorsitzenden Bernd Schilcher, sondern auch ein klarer Verstoß gegen die Absicht des Koalitionsabkommens." Es sei eindeutig Ziel gewesen und vereinbart worden, auf Grundlage der Expertisen parlamentarische Entscheidungen zu treffen "und nicht schon vorher zu sagen, was geht und was nicht geht", so der SPÖ-Bildungssprecher.

(Ag./Red.)

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