Die Gaswerfer von Flitsch

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Die verpönte Waffe: Giftgas. Vor 90 Jahren, Ende Oktober 1917: deutsche Hilfe für Österreich-Ungarns Truppen gegen den „Erbfeind“ Italien. „Buntschießen“ am Isonzo.

Wenn man vom kleinen slowenischen Ort Bovec zur Soca geht, passiert man die Straßenschlucht Naklo. In einer kleinenKaverne erinnert eine Inschrift in vier Sprachen daran, dass an dieser Stelle am 24. Oktober 1917 Soldaten der Brigade Friuli den Gastod gestorben sind. 500 oder 600 sollen esgewesen sein. Bovec hieß früher auch Flitsch,und die Soca ist hierzulande wohl eher unter dem Namen Isonzo bekannt. Väter, Groß-und Urgroßväter, die Mütter nicht zu vergessen, verbanden mit dem Isonzo den Großen Krieg der Jahre 1914 bis 1918. Die Tafel in der Naklo-Schlucht ist aber nur einer von vielen Hinweisen, die an ein mittlerweile wohl zur Episode verkommenes militärisches Großereignis erinnern, das einstmals die Durchbruchsschlacht von Flitsch-Tolmein genannt wurde.

Es begann im August vor 90 Jahren. Als der Chef der Operationsabteilung des österreichisch-ungarischen Armeeoberkommandos, Generalmajor Alfred Freiherr von Waldstätten, Kaiser Karl I. ein Telegramm schickte, das in den schließlich zum Decknamen gewordenen Worten gipfelte: „Waffentreue gesichert“, da nahm etwas seinen Anfang, das schließlich bei den Mittelmächten des Ersten Weltkriegs die Hoffnung auf einen siegreichen Ausgang des Kriegs wie nichts anderes nährte: Die österreichisch-ungarische Ar-mee und das deutsche Heer wollten eine gemeinsame Offensive gegen Italien führen. Österreich-Ungarn war zu diesem Zeitpunkt bereits in einer kritischen Situation. Russland schien zwar besiegt, dochden Italienern war erstmals ein nennenswerter Einbruch in die österreichisch-ungarische Front gelungen. Dazu kam, dass sich die Situation im Inneren der Donaumonarchie von Tag zu Tag verschlimmerte. Die Nationalitäten des Habsburgerreichs signalisierten sich mehr Feindseligkeit als Gemeinsamkeit. Allmählich wurden die Menschen knapp, die bis dahin ein unerschöpfliches Reservoir von Soldaten zu bilden schienen. Lebensmittel und Heizmaterial gingen aus, und nicht zuletzt war es schon eine evidente Unmöglichkeit, das sich rasant verbrauchende Kriegsmaterial im benötigten Ausmaß nachzuschaffen. Kleinere Streiks flackerten auf. Schließlich hatten sich auch alle mehr oder weniger halbherzigen Bemühungen zerschlagen, den Krieg durch einen Waffenstillstand oder Sonderfrieden zu beenden. Man konnte sich also nur mehr an einige Hoffnungen klammern, etwa die, dass die USA wohl dem Deutschen Reich, nicht aber Österreich-Ungarn den Krieg erklärt hatten. Oder aber man hoffte auf ein Wunder.

In dieser Situation also entstand der Plan für eine Entlastungsoffensive, zu der man so oder so deutsche Hilfe in Anspruch nehmen wollte. Doch das wollte überlegt sein. Der Krieg gegen Italien wurde als „k.u.k. Privatkrieg“ gesehen (und von den Deutschen auch so bezeichnet). Den „Erbfeind“ niederzuringen war daher vielen eine Art Herzenssache. Auch Kaiser Karl. Der war zwar von der Idee einer großen Entlastungsoffensive angetan, doch gleichzeitig wollte er aus einerganzen Reihe von Gründen den Erfolg ausschließlich mit Hilfe seiner eigenen Truppen erringen. Die Deutschen sollten dafür mehr Verantwortung im Osten übernehmen. Dochdie Deutsche Oberste Heeresleitung wollte dem Verbündeten nur dann hilfreich zur Seite stehen, wenn die zu verlegenden deutschen Truppen nicht im Osten, sondern an der Italienfront zum Einsatz kämen. Und genau das war das Problem, denn es lief auf eine Demütigung Österreich-Ungarns hinaus, dessen Armeen
es offenbar nicht mehrschafften, die Italiener in Schach zu halten. Deutsche Truppen an der Italienfront mussten fast unweigerlich auch eine Verstärkung der Italiener durch Briten und Franzosen zur Folge haben. Mehr noch: Es drohte dieKriegserklärung der USA, denn es war zu befürchten, dass die USA ihre Kriegsanstrengungen auf Italien ausdehnten.

In Deutschland fürchtete man anderes: Sollte Österreich-Ungarn nicht mehr weiterkämpfen können und einen Waffenstillstand abschließen, würde Deutschland seinen wichtigsten Verbündeten verlieren. Sollte es aber – mit deutscher Hilfe – Italien besiegen und dieses dann seinerseits um Waffenstillstand bitten, würde Österreich keinen Feind mehr haben und vielleicht ebenfalls den Krieg beenden wollen.

Als dann der Erste Quartiermeister derDeutschen Obersten Heeresleitung, General Erich Ludendorff, entschieden hatte, dass sich deutsche Truppen mit mehr als sechs Divisionen kurzfristig am Krieg gegen Italien beteiligen sollten, war die Entscheidung gefallen. Ludendorff prägte auch den Codenamen für das Unternehmen, nämlich „Waffentreue“. Österreich-Ungarn sollte so weit geholfen werden, dass es kriegsfähig blieb. Nicht mehr und nicht weniger!

Der Aufmarsch zur gemeinsamen Offensive begann im September – und er war ungemein schwierig. Tausende Züge mussten Soldaten und Kriegsgerät in die Ausladeräume transportieren. Von dort ging es im Fußmarsch und oft nur über Saumpfade an die Front am oberen Isonzo. Ein riesiger Geschützpark, Millionen Granaten und Kriegsmittel jeglicher Art, zum Schluss die Versorgung für zusätzliche 100.000 Mann mussten nach vorne gebracht werden. Alles das unter möglichster Geheimhaltung. Den Soldaten wurde bis zuletzt nichts Konkretes mitgeteilt, da man immer mit Verrat rechnete. Doch die schon recht hoffnungslosen „Austerungarn“,wie sie der preußische Kriegsminister nannte, machten sich auch so ihren Reim. Der Artillerie wurden auf einmal Giftgasgranaten zugeschoben. Es gab erstmals Helme für alle Fronttruppen. Als alarmierend wurde auch gewertet, dass die obligatorischen Postkarten mit dem Vordruck „Ich bin gesund und mir geht es gut“ in allen Hauptsprachen der Monarchie verteilt wurden.

Mangel herrschte aber weiterhin. Es gab wenig Essen, kein Salz und keine Zigaretten. Das Wort von einer österreichisch-deutschenOffensive machte die Runde. Jetzt setzten auch die Italiener Giftgas ein, zum ersten Mal am oberen Isonzo. Dann gab es Bier, Zündhölzer und Kartoffelsuppe. Ungesalzen. Höher gelegene Stellungen erreichte warmes Essen in der Regel nur alle drei bis vier Tage. Es regnete. Die Bora blies. Und es kam immer mehr Munition. – Auch die Italiener wurden unruhig, doch sie fühlten sich in ihren hervorragend ausgebauten Stellungen sicher genug, um einen Angriff auszuhalten. Zuletzt ignorierten sie die Angaben von Überläufern der k.u.k. Armee, die wederden Kommandanten an der Front noch den Generalstäblern auf den oberen Führungsebenen das wirklich vermitteln konnten, was sich zusammenbraute. Vor allem ließ sich nicht abschätzen, welche Wirkung jene Kriegsmittel und taktischen Verfahren haben würden, welche die deutsche 14. Armee zur Anwendung bringen wollte. Insbesondere wussten die Italiener zum wenigsten etwas von der Wirkung der Giftgasgranaten, die ein deutsches Gaswerferbataillon einsetzen würde. Wie denn auch? Nicht einmal die Deutschen wussten, ob sie damit Erfolg haben würden.

Das Verfahren, dessen sie sich bedienen wollten, stammte von der Westfront. Es hieß Gaswerfen und bestand darin, die feindlichen Stellungen mittels Gasminenwerfern mit tödlichem Gas zu überschütten. Es sollten nicht jene B- und C-Kampfstoffe verschossen werden, die die Österreicher verwendeten und die die Italiener nicht mehr fürchteten. Die Deutschen brachten anderes: In die mit einem grünen Kreuz bezeichneten Granaten war Diphosgen abgefüllt worden und in die mit einem blauen Kreuz gekennzeichneten Chlorarsen. Letzteres sollte durch die Filter der italienischen Masken dringen und einen unstillbaren Brechreiz, Husten und Niesen erzeugen. Riss man sich dann die Maske vom Gesicht, genügten geringe Mengen von „Grünkreuz“, um Lungenödeme zu verursachen, die Lungen zu zersetzen und einen Menschen ersticken zu lassen. Erzielte man aber eine Gaskonzentration, die keine atembare Luft mehr zurückließ, nützten auch die besten Gasmasken nichts, denn es gab nur mehr giftige Gase.

Über den Einsatz von Giftgas war schon weit früher nachgedacht worden als im Ersten Weltkrieg. Allerdings verbot die Haager Landkriegsordnung 1899 „die Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen“ und „den Gebrauch von Waffen, Geschossen oder Stoffen, die geeignet sind, unnötig Leiden zu verursachen“. Doch das hielt offenbar nicht davon ab, in Richtung Giftgaseinsätze weiterzudenken und zu planen. Und es war ein nachmals nicht unwichtiger Mann, nämlich der Oberkommandierende der Volkswehr in Österreich, Adolf von Boog, der – damals noch Oberstleutnant – 1912 die Einführung von Gasmunition anregte. 1916, nachdem Giftgas als Waffe im Ersten Weltkrieg schon weite Verbreitung gefunden hatte, beanspruchte Adolf von Boog in einem Schreiben an das k.u.k. Armeeoberkommando die Urheberschaft, war also offenbar ganz stolz darauf, schon vor dem Krieg weitergedacht und die Haager Landkriegsordnung ignoriert zu haben. Sein Pech: Das k.u.k. Kriegsministerium hatte seine Anregung nicht aufgegriffen, und Kaiser Franz Joseph war ein erklärter Gegner des Einsatzes von Giftgas.

Die Gaswaffe war denn auch anderswo Kriegsmittel geworden: an der deutsch-französischen Front. Dort sollte sie helfen, den Stellungskrieg zu beenden. Chlorgas, Phosgen und Diphosgen, Arsen und Cyanid wurden in unterschiedlichen Beimengungen zuerst abgeblasen und dann mit Granaten verschossen. Auch die k.u.k. Armee führte ab dem August 1916 Blasangriffe durch, nachdem man den „alten Kaiser“ überlistet und gemeldet hatte, die Italiener hätten als Erste mit dem Gaskrieg an der Südwestfront begonnen. Anderswo, an der Front in Flandern und Nordfrankreich, war man mittlerweile abermals weiter. Denn kaum war der Schutz durch Gasmasken verbessert worden, kamen auch schon die nächsten Gasmischungen, so auch das Senfgas, das als Kontaktgift die Bekleidung zersetzte, ausgedehnte Geschwüre verursachte und oft zur Erblindung führte. Doch man durfte die eigenen Truppen nicht dem Aerosol „Gelbkreuz“ aussetzen: Bei Flitsch wurde es daher nicht verwendet, denn man wollte ja so rasch wie möglich die Italiener aus ihren Stellungen vertreiben. Allerdings gab es eine andere Neuerung: Die Deutschen wollten erstmals einen Gasminenwerfer einsetzen, den sie bis dahin nicht einmal an der Westfront verwendet hatten. Am oberen Isonzo sollte er seine Feuerprobe bestehen.

Für die Italiener nahm das Verhängnis am 24. Oktober 1917 um 02.00 Uhr seinen Lauf. Das Wirkungsfeuer der Artillerie und das Gasschießen setzten ein. Major Graf von Pfeil und Klein-Ellguth, der Kommandeurdes deutschen Pionierbataillons 35, dasden Gaswerferangriff beiFlitsch befehligte, beschrieb die Wirkung mit dürren Worten: „Bereits 1015 vorm. wurden die Schluchten vollkommen gasfrei angetroffen und eine vollkommene Gaswirkung festgestellt. Nur vereinzelte noch lebende, schwer kranke Italiener wurden aus der vordersten feindlichen Stellung zurückgebracht, in der Schlucht selbst war die gesamte Besatzung, etwa 5600 Mann, tot. Nur wenige hatten die Masken aufgesetzt, die Lage der Toten ließ auf plötzlichen Gastod schließen. Es wurden auch verendete Pferde, Hunde und Ratten gefunden.“ Auch sieben Soldaten des deutschen Pionierbataillons waren gaskrank geworden, davon einer schwer. Sie hatten zu spät ihre Gasmasken aufgesetzt. Dennoch, „die volle Brauchbarkeit“ von Geschützen und Gas war erwiesen.

Die Toten in der Naklo-Schlucht waren natürlich nicht die einzigen, die dem Gaseinsatz der Deutschen zum Opfer gefallen waren. Auch weiter den Isonzo abwärts bis in den Raum Tolmein waren italienische Soldaten einem Verfahren zum Opfer gefallen, das die Deutschen „Buntschießen“ nannten: Grünkreuz, Blaukreuz, Grünkreuz, Blaukreuz... Es ebnete den Truppen ebenso wie die Massierung von rund 2000 Geschützen den Weg. Deutsche und Österreicher überwanden Hindernis für Hindernis, konnten auch alle Gipfel erklimmen und die Italiener aus ihren Stellungen werfen, so dass bereits nach 24 Stunden die schwierigsten Abschnitte passiert waren. Nur in den Höhen über 2000 Metern hielten die Italiener noch stand. Nach weiteren 48 Stunden drängten die deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen in die Ebene. Und dann begann eine Verfolgungsschlacht, die über den Tagliamento und schließlich an den Piave führte. Eine italienische Armee war aufgerieben worden, eine zweite dezimiert. Auch der Piave wurde überschritten. Anfang Dezember rückten ein britisches und ein französisches Armeekorps in die dünn gewordenen italienischen Linien ein und bildeten jenes Korsett, das zur Festigung der Front nötig war. Die Niederlage der Italiener wurde folglich nicht zur Katastrophe der Alliierten.

Sechs Wochen hindurch hatten sich vornehmlich die österreichischen Zeitungen in ihren Meldungen über den Erfolg der verbündeten Truppen überschlagen. So wie es dann Karl Kraus in den „Letzten Tagen der Menschheit“ gar nicht so sehr überzeichne- te: „Extraausgabe – ! Varnichtende Niedalageder Italiena ... Tagblad! Unwidastehliches Vurdringen unsara Truppen ... Der Erfolg der Offensivee!“ Doch auch jene, die schon eine Art professioneller Zurückhaltung übten, wie der Reichsratsabgeordnete und spätere Minister Josef Redlich, konnten sich nicht genugtun, ihre fast ungläubige Freude zu äußern: „Hier hofft man auf eine ,Sedanisierung‘ eines Teiles der italienischen Truppen. 75.000 Gefangene sind bis jetzt und 800 Kanonen erbeutet worden. Der Kaiser verweilt in Laibach und hat das oberste Kommando über unsere und die deutschen Truppen. Was werden England und Amerika mit dem flügellahmen Italien anfangen? Für uns ist aber doch großartig, dass wir nach 3 ½ Kriegsjahren, mit deutscher Hilfe natürlich – anders ging es ja nicht – imstande sind, Italien an der einzigen Front, an der es kämpft, vernichtend zu schlagen und in vier Tagen um die Früchte von elf Isonzoschlachten zu bringen.“

Und wie der Zufall so spielte, wurde im November 1917 gerade die 7. Kriegsanleihe aufgelegt. Angesichts des österreichischen Sieges wurde sie zu einem außerordentlichen Erfolg. Schließlich riefen sogar Bischöfe wie derBrixener FürsterzbischofFranziskus Egger zurZeichnung auf und verknüpften dabei völligungeniert Krieg, Siegund Anleihe, wenn derOberhirte im November 1917 in einem Hirtenbrief schrieb: „Unsere herrlichen Armeen haben erst in den letzten Tagen eine glänzende Offensive gegen unseren Erbfeind eröffnet und ihn tief in das eigene Land zurückgeschlagen. Der Himmel ist auffallend mit uns. Gott selbst hat uns also in die richtige Stimmung für die kommende 7. Kriegsanleihe versetzt.“

Am 2. Dezember wurde die Offensive offiziell beendet und das Beziehen von geeigneten Stellungen befohlen. Die Versorgung der weit vorgedrungenen Truppen war nicht mehr gewährleistet. Sie hatten kaum mehr Munition und waren wohl auch am Ende ihrer Kräfte. „Abgezehrte österreichische Soldaten in abgerissenen, schmutzgetränkten Uniformen, ohne Wäsche darunter, die stieren Blicke aus geröteten Augen ins Vorfeld gebohrt – so keuchten und hasteten sie vorwärts, ohne Rast, ohne Schlaf, ohne Nahrung – seit Tagen – nur vorwärts, vorwärts“, hielt der Maler und Zeichner Ludwig Hesshaimer das Bild fest, das sich ihm schon im Raum Codroipo-Latisana bot. „Einst eine Schar blühender Jünglinge, nun gealterte, ausgemergelte Männer, schwer beladen und gebückt, ein Zeltblatt über den Kopf gezogen als dürftigen Schutz gegen Sturm und Regen, groteske Gestalten. Die erbitterten, bis zum Wahnsinn überanstrengten Österreicher waren von ihren Offizieren nicht mehr zu halten. Am Abend lagen die Kämpfer unter und zwischen den Toten, selbst halbtot, schliefen stöhnend und verkrampft den Kämpfen des neuen Tages entgegen.“

Nach dem Abzug der Deutschen, der im Jänner abgeschlossen war, gehörte die Südwestfront wieder den k.u.k. Armeen. Einige Wochen schöpften sie aus dem Vollen. Dann setzte wieder die Not ein. Die USA hatten der Donaumonarchie den Krieg erklärt. In Wien spielte man das herunter. In den Kronländern Österreich-Ungarns aber war eine Katastrophe eingetreten. Wochenlang hatten alle verfügbaren Lokomotiven und Waggons Nachschub an die sich immer weiter entfernende Front gebracht, und für die Zivilbevölkerung gab es weder Kohlen noch Kartoffeln. Kälte und Hunger ließen sich nicht mit 300.000 italienischen Kriegsgefangenen aufwiegen. Folglich verflüchtigte sich der Eindruck eines kriegsentscheidenden Erfolgs ebenso wie das Gas in der Naklo-Schlucht. Zurück blieben die Toten.

PS: Im Friedensvertrag von St. Germain wurde Österreich 1919 verboten, erstickende, giftige oder verätzende Kampfstoffe zu besitzen, zu importieren oder einzusetzen. Eine gleichlautende Passage war schon in den deutschen Friedensvertrag von Versailles hineingeschrieben worden und kam auch in die ungarischen, bulgarischen und türkischen Verträge. Debattiert wurde darüber nicht. Sechs Jahre später bannte eine weitere Genfer Konvention den Einsatz von Giftgas. Doch da füllten sich die Arsenale hüben und drüben bereits mit der nächsten Waffengeneration. Abrüstungskonferenzen hinken ja bekanntlich immer nach. ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2007)

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