„Abzocker“ und „Privilegienritter“ im Gegenwind

Politikergehälter wurden oft angeprangert. Die Beteiligten reagierten zögerlich.

WIEN (ewi). Sitzfleisch haben sie, die Abgeordneten und Regierungsmitglieder im Bund und in den Ländern. Alle paar Monate werden ihre Gehälter, mehr noch ihre Pensionsansprüche medial angeprangert, aber jede Attacke wurde noch souverän ausgesessen.

Ein einziges Mal hat es wirklich gekracht, da betraf es einen Ex-Abgeordneten und Multiverdiener: Im TV-Wahlduell hielt der damalige FPÖ-Chef Jörg Haider das (später berühmte) Taferl in die Kamera, auf dem hohe Mehrfachbezüge des steirischen AK-Präsidenten Alois Rechberger verzeichnet waren. Diskussionspartner Franz Vranitzky fühlte sich überrumpelt, obwohl der SPÖ-Chef und Bundeskanzler über die ständigen freiheitlichen Attacken gegen die im FPÖ-Jargon titulierten „Abkassierer“ Bescheid wissen musste. Die FPÖ legte bei der Wahl im Oktober sechs Prozent zu – das Anprangern von Spitzengehältern hat sich offenbar gelohnt.

Auch der ÖGB wurde interessant

Die Gehälter und auch Pensionsansprüche der Politiker aller Ebenen, der Bosse der staatsnahen Unternehmen, am Höhepunkt der Bawag-Krise auch der ÖGB-Spitzenfunktionäre sind bevorzugtes Thema, entweder bei der jährlichen Gehaltsrunde oder bei dem einen oder anderen Skandälchen. Da ist von „Privilegienrittern“ die Rede, von einem „riesigen Sumpf“ oder von „Mega-Abzockern“. Wenn es seriöser zugeht, dann veröffentlichen die Medien Grafiken, die den Unterschied zwischen Österreich und den EU-Staaten zeigen: Bei den Ministergehältern liegt Österreich im EU-Vergleich nach Italien auf Rang zwei der Top-Gehälter, bei den Abgeordneten unangefochten an der Spitze.

Aber es müssen nicht nur die Parlamentarier sein. Der Wiener Bezirksvorsteher Hans Benke, ein Sozialdemokrat, verabschiedete sich schon mit 58 in die Frühpension, um monatlich mit einer weiteren Pension von der Wien Strom 9000 Euro einzustreifen. Zahlreiche Artikel samt Konterfei waren ihm im Sommer 2003 sicher.

Wobei Medien mit der Veröffentlichung der Bilder der aktiven und pensionierten Multibezieher recht exzessiv umgehen: Walter Schwimmer oder Ingrid Korosec (beide ÖVP), Peter Schieder (SPÖ) oder Alexander Götz (FPÖ). Und natürlich Kanzler und Minister, wenn sie aus ihrem Amt ausscheiden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2007)

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