Surrealistische Seifenoper

(Franzobel, Liebesgeschichte.- Zsolnay 2007 ; S. 221)

Auf welche Art von Liebe Franzobel im Titel seines neuen Romans anspielt, ist bereits nach wenigen Seiten klar. Der notorische Vielschreiber und Träger einer Auszeichnung mit dem sprechenden Namen „Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor“ begibt sich mit seinem Helden auf eine surreale Spritztour durch die Welt der feuchten Träume, in der alles sexuell aufgeladen und nichts unmöglich ist. Da ist es nichts Ungewöhnliches, wenn ein frustrierter Durchschnittswiener von seiner Ex-Freundin aus einem Sarg befreit wird, um sich gleich darauf dekadenten Sexorgien in einer Hotelsuite hinzugeben und letztendlich als Terrorist im Nahen Osten zu enden. Bombenanschläge sind in dieser „Liebesgeschichte“ nicht mehr als dramaturgische Details am Rande, die Stadt Wien lediglich eine Kulisse, die der Selbstdarstellung eines einzigen Mannes dient. Der notorisch unsympathische Held sucht die direkte Konfrontation mit seinen Fantasien und Ängsten und ist damit eine Antithese zu den passiven Leidtragenden, die das Bild des deutschen Romans in den letzten Jahren geprägt haben.
Franzobel schöpft mit Ironie aus den Abgründen bürgerlichen Wunschdenkens und hat sichtlich Spaß daran. Die Absurditäten der Handlung und die überschäumende Sprache, die frappant an eine TV-Seifenoper erinnert, tun ihr Übriges. Auch die zynische Überhöhung ist aber ein Stilmittel, das gelernt sein will – und hier bewegt sich Franzobels „Liebesgeschichte“ nicht selten an der Grenze zur Lächerlichkeit. Nicht nur ist seine Erzählung von einem allenfalls postpubertären Humor durchsetzt („Sie griff nach einem batteriebetriebenen Milchschäumer […] und missbrauchte ihn als Saftpresse. Wie? Was sie damit auspresste? Orangen? Pampelmusen? Nein, sich selbst!“), auch die überladene Metaphorik gegen Ende des Buches ist dem Gesamteindruck nicht unbedingt förderlich. Mitunter beschleicht einen beim Lesen sogar das Gefühl, Franzobel nehme das alles beinahe ernst. Und das ist eigentlich noch beunruhigender. 

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