Wer verprasst hier Geld?

Die Kunst muss man nicht vor Unternehmern in Schutz nehmen. Künstler vor Ignoranz und böswilligen Unterstellungen aber schon.

Der Unternehmer Helmut Forstner erhebt in seinem Gastkommentar in der „Presse“ (6. 5.) den Pauschalvorwurf, Künstler hätten die monetäre Bodenhaftung verloren. Ein Umstand, den er mit zwei Einzelfällen, die beide aktuell von den zuständigen Behörden untersucht werden, untermauert.

Ungeachtet des Umstandes, dass von Forstner da ausgehend vom angeblichen Fehlverhalten zweier Einzelpersonen ein gesamtes Berufsfeld verunglimpft wird, ist der Vorwurf an sich doch einer näheren Betrachtung wert.

Eine breite, wissenschaftlich abgesicherte Analyse beweist nämlich das Gegenteil: Künstler zählen zu jener Bevölkerungsgruppe, die trotz eines überdurchschnittlich hohen Ausbildungsgrades nur geringes Einkommen aufweist. Trotz unaufhörlicher kulturpolitischer Bestrebungen, hier Verbesserungen vorzunehmen, lebt und arbeitet der Großteil der Künstler in Österreich unter denkbar prekären finanziellen Bedingungen.

Viele sind deshalb gezwungen, ihren Lebensunterhalt mit anderen Tätigkeiten querzufinanzieren, was aufgrund der hohen Flexibilität und guten Ausbildung auch häufig, wenngleich nicht immer, gelingt. Dieses große Engagement für die Gesellschaft gilt es eher zu würdigen, als schlechtzureden.

Wenn sich Künstler im hoch kompetitiven Feld internationaler Kunstmärkte durchsetzen und entsprechende Preise für ihre Werke erzielen, so sollte dies eher Freude als Neid hervorrufen.

Kunst rentiert sich mehrfach

Seriöse volkswirtschaftliche Untersuchungen bescheinigen der Kulturförderung der öffentlichen Hand zudem eine außergewöhnlich hohe Hebelwirkung – hier sei nur auf den „Filmbrancheneffekt“ verwiesen, demzufolge ein öffentlicher Euro siebenfach wieder eingespielt wird. Vielen der zahlreichen Wirtschaftsförderprogramme wäre eine ähnliche Effizienz nur zu wünschen.

Würden Künstler nur annähernd so vorurteilsbehaftet argumentieren wie der Unternehmer Forstner, man würde sie zurecht der Ahnungslosigkeit zeihen. Und man würde ihre Kompetenz bezweifeln, sich zu wirtschaftlichen Fragen überhaupt zu Wort zu melden.

Angesichts der Milliarden, die Steuerzahler aufgrund von schwerwiegenden Managementfehlern in (Finanz-)Unternehmen national und international aufzubringen haben, ist der Vorwurf, Künstler würden Geld verprassen, ebenso absurd wie rufschädigend.

Ja, Kunst kostet auch (öffentliches) Geld. Aber für die Wirkung, die sie erzielt, vergleichsweise sehr wenig. Somit wird dieses Geld effizient eingesetzt, korrekt abgerechnet und füllt auch wieder den Steuertopf. Kunst rentiert sich also. Und das mehrfach.

Die Kunst muss man nicht in Schutz nehmen. Künstler vor Ignoranz und böswilliger Unterstellung aber schon.

Andreas Mailath-Pokorny (*1959 in Wien) ist seit 2001 Stadtrat für Kultur und Wissenschaft und seit 2010 Präsident des Bundes Sozialdemokratischer Akademiker (BSA).

E-Mails an:debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2014)

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