Kommentar: Beschauliches, informatives TV-Duell

'Diskussion der Spitzenkandidaten zur EU-Wahl' 2014:
'Diskussion der Spitzenkandidaten zur EU-Wahl' 2014:ORF
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EU-Wahl. Blau-grüne Verpartnerung, ein lockerer Karas, eine kurz angebundene Neo-Bewerberin: Die ORF-Konfrontation der Spitzenkandidaten bot Überraschungen.

Wien. Gegen einen Hauptgegner hatten alle fünf Spitzenkandidaten zur Europawahl am kommenden Sonntag keine Chance: Der erste hochsommerliche Abend im heurigen Jahr war für viele Österreicher einfach verlockender als die ORF-Sendung mit den Bewerbern am Donnerstagabend. Diese Bürger haben manches versäumt, auch wenn Boulevard-Journalisten, die sich vom Mitschimpfen auf „die EU“ und „die Bürokraten in Brüssel“ ein paar Leser mehr erhoffen, die Runde einfach rituell als fad heruntermachen werden.

Othmar Karas (ÖVP), Eugen Freund (SPÖ), Harald Vilimsky (FPÖ), Ulrike Lunacek (Grüne) und Angelika Mlinar (Neos) sind durch die Bank keine geborenen TV-Entertainer wie einst Rudi Carell. Sie sind sich – Gott sei Dank – auch nicht gegenseitig an die Gurgel gegangen, wie dies die Spitzenkandidaten sonst vor Nationalratswahlen teilweise schlecht vorspielen. So gesehen waren es beschauliche, aber keine langweiligen eineinhalb Stunden, in denen über weite Strecken europapolitische Fragen im Vordergrund standen.

Teil des ORF-Bildungsauftrags

Dazu hat vor allem auch Moderatorin Ingrid Thurnher ihren Teil mit der Auswahl fixer Themenblöcke beigetragen. Der mit Zwangsgebühren finanziert ORF ist damit auch ein bisschen seinem Bildungs- und Kulturauftrag nachgekommen. Rund 400.000 Wähler haben von diesem Angebot als Seher tatsächlich Gebrauch gemacht. Verglichen mit den letzten „Wetten, dass?“-Quoten und dem „Musikanten“-Stadel“ ist das gar nicht schlecht.

Für ihr Gebührengeld bekamen die Zuschauer dann zwar naturgemäß einiges von der erwartbaren jeweiligen Wahlpropaganda zu hören: von der Aufzählung von Karas, welche angeblich starken Fesseln das EU-Parlament Finanz und Banken schon umgelegt hat; über die von Freund aufgelegte, ausgeleierte rote Gerechtigkeitsplatte bis zur allgemein zur Schau getragenen Bestürzung über die tote Flüchtlinge.

Freund war nie dabei . . .

Es wurde aber einiges weniger Vorhersehbares dargeboten: ein in der ersten Hälfte oft lächelnder Karas, dem sonst stets vorgehalten wird, er sei so steif wie ein Mensch, der unter Gicht leidet, diesmal litt er nur in der zweiten Hälfte unter stimmlichen Problemen; ein SPÖ-Kandidat, der beständig als Vorzug hervorstrich, bisher nie selbst bei politischen Entscheidungen dabei gewesen zu sein; ein freiheitlicher Kandidat, der sich beim Freihandelsabkommen mit den USA vor laufenden ORF-Kameras mit Grün-Kandidatin Ulrike Lunacek verpartnert hat.

Dazu kam mit Mlinar eine Neos-Kandidatin, die sonst keineswegs auf den Mund gefallen ist, die dieses Mal aber bei der Redezeit ständig Schlusslicht war. Wer weniger redet, vermeidet leichter Hoppalas und missverständliche Privatisierungsankündigen. Bis gegen Ende doch ein nicht druckreifes Wort aus Mlinars Munde kam.

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