Diplomatie: „5M“ wiegen Waldheim und FPÖ auf

„Relationships“ beleuchtet das Verhältnis zwischen USA und Österreich.

Wer weiß, wie Österreich heute in den USA dastehen würde, hätten Hans Thalberg und Ludwig Kleinwächter im Februar 1946 nicht so schnell reagiert. Als die beiden ersten Vertreter Österreichs im Brighton Hotel in Washington ihr Büro bezogen, packten sie nach und nach die Schachteln mit Akten und Büromaterial aus – und stießen darin auf Briefpapier des Außenministeriums, auf dem noch immer das Hakenkreuz prangte. „Sie taten das einzig vernünftige und verbrannten die Papiere so schnell wie möglich.“

Es ist eine nette Anekdote, die Günter Bischof in seinem Buch schildert. Statt des Nazi-Briefpapiers hat Gott sei Dank der Film „Sound of Music“ das Österreich-Bild in den USA nachhaltig geprägt (das freilich weit von der Realität entfernt ist): ein Volk, das sich mutig mit seiner Film-Nationalhymne „Edelweiss“ gegen die Nazis erhebt.

In englischsprachigen „Relationships/Beziehungsgeschichten“ untersucht Bischof das zwiespältige, oft sehr einseitige Verhältnis zwischen Österreich und den USA. Einseitig, weil die Meinung über Österreich in den USA– bis auf zwei kurze Unterbrechungen – immer besser war als umgekehrt. Das begann schon 1893, als Franz Ferdinand die USA besuchte. Zwar war er beeindruckt von der Natur, weniger aber von der amerikanischen Gesellschaft. Gehetzt sei sie und die Städte geschmacklos. Was den USA fehle, sei Gemütlichkeit.

Doch gerade diese Gemütlichkeit trug dazu bei, dass Österreich an politischer Bedeutung verlor. Der Autor beleuchtet ausführlich die Entwicklung seit dem Fall des Eisernen Vorhangs und Österreichs vertane Chancen.

Über die zwei Ereignisse, die Österreich in den USA in Ungnade fallen ließen, urteilt Bischof nüchtern: Die Affäre Waldheim und die Bildung der ÖVP/FPÖ-Koalition hätten zwar „Dellen“ verursacht, Österreichs Image aber nicht nachhaltig beschädigt. Das sei noch immer dominiert von den „5 M“: Mountains, Music, Mozart, Metternich, Maria Theresia. (rie)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2014)

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