Österreich: Minizinsen bei höchster EU-Inflation

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die extrem niedrigen Zinsen für die Sparer werden von einer relativ hohen Inflation angeknabbert. Das wird wohl bis 2016 so bleiben.

Wien. Folgendes war zu erwarten: Wenn die Europäische Zentralbank den Leitzins senkt, würden die Banken bei den Sparzinsen am liebsten gleich hinterherhechten (bei den Kreditzinsen sind sie da viel zögerlicher). Da aber die Sparzinsen ohnehin nur noch mickrig sind, kann man sie kaum mehr reduzieren. Der Sparer muss seine Zinserträge mit der Lupe suchen.

Etwa bei der Bawag. Das Kreditinstitut bietet laut Auskunft der Bankberaterin für ein Sparbuch mit einjähriger Bindung einen Zinssatz von 0,25 Prozent. Mehr sei derzeit einfach nicht drin, so ist die Lage, sagt sie. Wenn der Sparer 3000 Euro auf das Bawag-Sparbuch legt, erzielt er nach einem Jahr einen Zinsertrag von 7,5 Euro. Rechnet man davon auch noch ein Viertel für die Kapitalertragssteuer weg, bleiben ihm etwas mehr als 5,5 Euro. Mit dem Zinsertrag für 3000 Euro kann er sich nach einem Jahr gerade eine Melange und ein Soda-Zitrone kaufen. Sofern die Inflation den Preis für Kaffee nicht in die Höhe treibt.

Teuerung schlägt zu

Denn eines ist offensichtlich: Die Österreicher sind in der Eurozone jene Sparer, von denen am meisten „abverlangt“ wird. Auf der einen Seite mickrige Zinsen, auf der anderen Seite eine im europäischen Vergleich hohe Inflation. Im Mai war die Inflationsrate hierzulande von 1,7 auf 1,8 Prozent gestiegen. Die Gründe für den Preisanstieg waren teurere Mieten und höhere Preise bei Hotels und Restaurants. Auch durch die Steuererhöhung, die seit März wirksam ist, liege die Inflationsrate in Österreich um rund 0,25 Prozentpunkte höher, sagte Josef Baumgartner vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo).

Kurzum: Österreich wies im Mai innerhalb der Europäischen Union die höchste Inflationsrate auf. Der harmonisierte Verbraucherpreisindex für die Eurozone lag in Österreich bei 1,5 Prozent, der Durchschnitt aller 28 EU-Staaten machte rund 0,6 Prozent aus.

Somit knabbert in Österreich die Inflation die kleinen Zinserträge so deutlich an wie in keinem anderen EU-Land. Wenn der Sparer seine 3000 Euro für ein Jahr nicht bei der Bawag, sondern bei der Erste Bank oder Raiffeisenbank anlegt, bekommt er zumindest 0,375 Prozent Zinsen. Nach Abzug der Steuer und der Inflation erleidet er nach einem Jahr einen realen Verlust von rund 1,5 Prozent – wenn er Glück hat.

Längere Laufzeiten

Ein Ende dieser Niedrigzinsphase ist noch nicht in Sicht. Und das wäre auch nicht im Interesse der Europäischen Zentralbank (EZB). Die will mit ihrer Zinspolitik das wirtschaftliche Wachstum vorantreiben. Und bevor das nicht passiert, bleiben die Zinsen auf einem Rekordtief. Österreichs Notenbankchef Ewald Nowotny glaubt, dass diese Situation bis 2016 aufrecht bleibt.

Welcher Ausweg bleibt den Sparern, um ihr Geld vor einem Kaufkraftverlust zu schützen, ohne es in riskante Aktienfonds stecken zu müssen? Mit längeren Laufzeiten bei den Sparbüchern die Niedrigzinsphase umgehen, wie es Bankberater manchmal gerne empfehlen? Es gibt zumindest interessante Angebote. Die Denizbank bietet für ein zweijähriges Sparbuch einen jährlichen Zinssatz von 1,9 Prozent. Nach Abzug der Steuer bleiben dem Sparer zumindest 1,4 Prozent p.a. übrig. Der Kaufkraftverlust des Geldes hält sich zumindest in Grenzen. Nur muss der Sparer bereit sein, sein Erspartes zwei Jahre lang zur türkischstämmigen Direktbank, die im Eigentum des russischen Bankkonzerns Sberbank ist, zu tragen und es dort zwei Jahre lang zu binden.

Filialbanken zahlen weniger

Bei normalen Filialbanken mit traditionsbewussten Namen gibt es allerdings viel weniger zu holen. Bei der Raiffeisenbank in Wien bekommt man laut Auskunft für ein Sparbuch mit einer Laufzeit von 24 Monaten nur ein Prozent. „Es tut mir wirklich leid, aber einen höheren Zinssatz können wir derzeit nicht bieten“, sagt die Raiffeisen-Beraterin als Einleitung zum Gespräch. (ker)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2014)

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