Wohnen immer teurer: Warten auf Regierungspaket

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Bundesregierung versprach „Wohnen wieder leistbar zu machen“, umgesetzt wurde bisher aber wenig.

Wien. Auf diesen Spitzenplatz könnte man durchaus verzichten: Österreich wies im Mai erneut die höchste Inflation in der gesamten EU auf. Speziell im Vergleich zu Deutschland ist die Teuerung bei uns viel massiver: Bei unseren Nachbarn lag sie bei nur 0,6 Prozent, bei uns dagegen bei 1,5 Prozent (nach nationaler Berechnung sogar 1,8 Prozent).

Gründe gibt es viele – etwa der eigentlich erfreuliche, dass mehr Bio- und lokale Produkte gekauft werden –, der wichtigste Preistreiber war aber erneut das Wohnen: Laut Statistik Austria waren Wohnungsmieten im Mai im Schnitt um 3,6 Prozent höher als noch vor einem Jahr, womit die Teuerung hier das Doppelte des Verbraucherpreisindex beträgt. Zurückzuführen sei das vor allem auf die „dynamischen Anstiege bei privaten, frei zu vermietenden Wohnungen“, erklärte das Wifo gestern.

Im Juli vergangenen Jahres sorgte eine ähnliche Entwicklung für heftige Diskussionen und das Versprechen aller Parteien, gegensteuern zu wollen und „Wohnen wieder leistbar zu machen“. Damals stand freilich auch eine Nationalratswahl vor der Tür. Fast neun Monate später sind viele Maßnahmen „auf dem Weg“, teilweise gab es aber auch „herbe Rückschritte“, wie die Opposition kritisiert.

Gekürzte Sonderförderung

SPÖ und ÖVP haben sich im Regierungsprogramm unter dem Kapitel „Leistbares Wohnen“ auf ein umfangreiches Paket geeinigt, das von einem neuen Mietrecht bis zur Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung reicht. Doch schon im Frühjahr gab es im Zuge der Sparmaßnahmen den ersten Rückzieher: Der Bund kürzte die Sonderwohnbaumittel von 276 Millionen Euro auf 180 Millionen Euro für die Jahre 2015 bis 2018. „Das ist aber eigentlich egal, weil sie ohnehin nie ausbezahlt werden“, glaubt Grün-Wohnbausprecherin Gabriela Moser im „Presse“-Gespräch.

Die Sonderwohnbaumittel kämen nämlich nur zur Auszahlung, wenn die Länder über die Wohnbauförderung hinaus Budgetmittel für die Errichtung von Wohnungen zur Verfügung stellten (nach den Vorgaben des Bundes müssen die Länder 2013 und 2014 mehr geförderte Neubauwohnungen zusichern als im Schnitt der Jahre 2006 bis 2011; zudem müssen die Wohnungen bis 2019 fertiggestellt werden). „Bei den angespannten Landesbudgets ist das nicht möglich.“ Der Bund müsse daher die Kriterien ändern, damit die Gelder in Anspruch genommen werden können.

Im Finanzressort verweist man auf andere Maßnahmen, die mehr Wohnbau garantieren sollen. Etwa durch Änderungen beim Gewinnfreibetrag: Der gilt nicht mehr für Aktienpakete, sehr wohl aber für Wohnbauanleihen. Damit könne man 300 Millionen Euro zusätzlich für den Wohnbau lukrieren, erklärt man im Ressort von ÖVP-Chef Michael Spindelegger.

Neues Mietrecht im Herbst?

Einen weiteren Schritt hin zu leistbarem Wohnen verspricht Justizminister Wolfgang Brandstetter mit einem „größeren Wurf“ bei der Mietrechtsreform. Im Herbst soll eine Expertengruppe ein umfangreiches Papier vorlegen. Das Mietrecht soll „einheitlich, einfach und transparent“ werden, kündigte Brandstetter im Parlament an.

Neuerungen sind auch bei der Wohnbauförderung geplant. Gegen eine Zweckwidmung wehrten sich aber die Bundesländer, die eine solche Maßnahmen mit mehr Geld vom Bund abgegolten haben wollen. Die Wiedereinführung der Zweckwidmung ist nun im Rahmen des ab 2017 geplanten Finanzausgleichs vorgesehen.

Zumindest kleinere Effekte sollen Reformen im Baurecht bringen. Etwa die Abschaffung der Verpflichtung zu Notkaminen, auch wenn Gebäude an der Fernwärme hängen. Das von SPÖ und ÖVP festgeschrieben Ziel sind 48.000 neue Wohneinheiten pro Jahr.

Ein Grund für die Inflation sind auch die seit März wirksamen Steuererhöhungen. Allein die Kfz-Steuer legte um 12,9 Prozent zu. Dafür kann man das Land günstiger verlassen: Der Preis für Flugtickets sank um zwölf Prozent. (rie)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2014)

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