Neuerung: Anlauf für Teilzeitarbeit bei Krankheit

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Wirtschaft will Wiedereingliederung in den Beruf nach langer Erkrankung, später Diskussion bei kürzeren Krankenständen. Letzteres lehnt das Sozialressort ab.

Wien. Wenn es um Krankenstände geht, reagieren die Österreicher sensibel. Jetzt wird ein Anlauf unternommen, der bisher tabu war: Es soll erlaubt werden, dass Arbeitnehmer trotz Erkrankung offiziell gleichzeitig zumindest als Teilzeitbeschäftigte arbeiten. Vorerst ist vorgesehen, dass Menschen nach längerem Krankenstand so an das Berufsleben herangeführt werden.

In einem „weiteren Schritt“ könnte das Modell nach Ansicht der Wirtschaftskammer dann auch bei kürzeren Krankenständen zum Einsatz kommen. „Man kann dann auch in diese Richtung weiterdiskutieren“, meinte Martin Gleitsmann, Sozialexperte der Wirtschaftskammer, zur „Presse“. Da blockt das Sozialministerium jedoch ab.

In Österreich gibt es im Unterschied zu anderen Ländern nur die Möglichkeit, dass ein Beschäftigter vom Arzt krankgeschrieben wird oder arbeitsfähig ist. Die Wirtschaftskammer drängt jetzt auf eine Zwischenlösung: Jemand arbeitet Teilzeit und erhält dafür den Lohn vom Dienstgeber, zugleich bezieht er von der Sozialversicherung weiter den reduzierten Anteil Krankengeld.

Im Koalitionspakt von SPÖ und ÖVP findet sich versteckt im Kapitel „Pensionen“ das Ziel „Wiedereingliederungen nach langer Krankheit“. Im Herbst werden nun Gespräche des Sozialressorts mit den Sozialpartnern aufgenommen. Im Büro von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) wird vorausgeschickt, dass das Modell für kürzere Krankenstände nicht geplant sei. Die gesetzlichen Grundpfeiler – wie Fortzahlung des Lohns durch den Arbeitgeber über einen bestimmten Zeitraum und Krankengeld durch die Sozialversicherung – würden nicht geändert. Grundsätzlich sei es jetzt schon möglich, dass jemand etwa in einem Büroberuf nach einer Fußverletzung mit Schiene vom Arzt wieder zur Arbeit geschickt werde, wenn dies medizinisch kein Problem sei.

ÖGB und Grüne sind dafür

Gleitsmann möchte jedenfalls weg von der jetzigen „Schwarz-Weiß-Lösung“, als arbeitsfähig zu gelten oder nicht: „Das ist schlecht.“ Damit sei die Rückkehr des Betroffenen gefährdet oder überhaupt dessen Arbeitsplatz. In einem „ersten Schritt“ solle mit Teilzeit und Teilkrankenstand nach langer Krankheit die Wiedereingliederung in den Beruf ermöglicht werden, um Invaliditätspensionen zu verhindern. International gebe es dafür „schöne Modelle“, etwa in Skandinavien oder in den Niederlanden. Grundsätzlich wird dieses Ziel von Gewerkschaft und Arbeiterkammer sowie Grünen unterstützt. (ett)

Auf einen Blick

Teilkrankenstand. Im Unterschied zu Österreich, wo jemand voll arbeitsfähig oder vom Arzt krankgeschrieben ist, gibt es international, vor allem in Skandinavien, Modelle mit Teilzeit und Teilkrankenstand. Im ORF-Radio führte Thomas Leoni (Wirtschaftsforschungsinstitut) Schweden an, wo man im Krankenstand die Arbeitszeit auf 75, 50 oder 25 Prozent reduzieren könne. In Deutschland muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach sechs Wochen Krankenstand ein Angebot zur stufenweisen Rückkehr in den Job machen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2014)

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