Belegschaftsvertreter bejubeln ÖGB-Steuermodell

"Eine Steuerreform ist so rasch wie möglich nötig und sie ist machbar", betont ÖGB-Chef Foglar.

Mehr als 5000 Belegschaftsvertreter haben am Donnerstag bei der großen Betriebsräte-Konferenz im Wiener Austria Center das Steuerkonzept von ÖGB und Arbeiterkammer mit großem Applaus begrüßt. ÖGB-Chef Erich Foglar und AK-Präsident Rudolf Kaske versprachen, weiter Druck für die Umsetzung des Konzepts zu machen. "Es liegt jetzt an der Regierung", sagte Foglar.

Die Arbeitnehmervertreter gaben sich vor dem randvoll gefüllten Austria Center überzeugt davon, dass ihre Ideen umsetzbar sind. "Eine Steuerreform ist so rasch wie möglich nötig und sie ist machbar", sagte Foglar. Die Regierung habe jetzt die Chance, die notwendigen Schritte zu setzen. Es liege nicht nur an Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP), "die Verantwortung ist die der gesamten Bundesregierung", betonte er.

Hoch erfreut zeigten sich Foglar und Kaske über die Zahl der bisher gesammelten Unterschriften für die ÖGB/AK-Kampagne "Lohnsteuer runter!". Bis zum heutigen Tag habe man bereits 688.759 Unschriften gesammelt, wie Kampagnen-Leiter Willi Mernyi unter dem Jubel der Belegschaftsvertreter bekannt gab. "An dieser geballten Kraft von ÖGB und Arbeiterkammer wird niemand in dieser Republik vorbei gehen können", sagte Kaske. Foglar machte klar, dass die Initiative weitergeht: "Die Kampagne ist erst zu Ende, wenn die Reform im Parlament beschlossen ist."

Zu dem bereits am Dienstag von den Gremien beschlossenen Steuerkonzept sagte der ÖGB-Präsident einmal mehr, dies würde eine spürbare Entlastung für alle Arbeitnehmer bringen. Kaske betonte, es gehe nicht darum die Steuerquote insgesamt zu senken, denn er bekenne sich zu einem steuerfinanzierten Staat. Es gehe vielmehr um Verteilungsgerechtigkeit. "Österreich ist ein Hochsteuerland für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und ein Steuerparadies für die wirklich Reichen." Foglar zitierte dazu eine Studie, wonach es in Österreich nur 33 Euro-Milliardäre gebe, diese hätten in einem Jahr ihr Vermögen um neun Prozent vermehrt.

"Kein Klassenkampf, sondern Fairness"

Der Ruf nach vermögensbezogenen Steuern zur Gegenfinanzierung der Lohnsteuersenkung sei "kein Klassenkampf", sondern nur ein "Stückl Fairness". Kaske verwies darauf, dass in Österreich derzeit nur ein Drittel des Steueraufkommens aus vermögensbezogenen Steuern kommt; im EU-Schnitt sei es dreimal so viel. "Wann, wenn nicht jetzt, ist es Zeit, die Euro-Millionäre mit einer Vermögenssteuer zur Kasse zu bitten", fragte Kaske.

Scharfe Kritik übten die Präsidenten an der unter anderem von Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer getragenen Initiative der "Mittelstand", die derzeit gegen die Pläne der ÖGB und AK-Kampagne mobilisiert. Foglar sprach von einem "Mittelstands-Schmäh." Den Leuten Angst zu machen - etwa um den Arbeitsplatz - sei einer Sozialpartnerschaft nicht würdig. Zweifel an der Realisierbarkeit der Gegenfinanzierung des 5,9 Mrd. schweren Steuermodells wischte Foglar vom Tisch: "Es geht sich aus, dass wir entlasten." Der Präsident verwies darauf, dass das Modell neben den vermögensbezogenen Steuern auch Maßnahmen gegen Steuerbetrug, Reformvorschläge zur Einsparung sowie eine "Selbstfinanzierung" durch Konjunkturbelebung beinhalte.

ÖGB-Vize-Präsident Norbert Schnedl betonte, man könne über alles diskutieren, "aber nicht darüber, dass sich die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen die Lohnsteuersenkung selber bezahlen". Der Christgewerkschafter sprach von einem "hervorragenden Modell". Das Konzept sei "unsere Linie" und "das Gebot der Stunde". In den kommenden Wochen wollen ÖGB und Arbeiterkammer mit Werbespots und Inseraten verstärkt auf ihre Forderung nach einer Lohnsteuersenkung Druck machen. "Es geht weiter", rief Foglar den Belegschaftsvertretern zu.

(APA)

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