Mitten drin oder nur Randfigur?

Wie Frauen bei Bankettszenen dargestellt werden, besitzt für die Etruskologin Petra Amann große Aussagekraft.

Die Presse: Was macht Frauendarstellungen für Sie interessant?

Petra Amann: In unserem Projekt war die Frage nach der Teilnahme von Frauen bei Bankettszenen ein wichtiger Aspekt. Warum und wie kommen sie vor? In welcher Position – sitzend, liegend, stehend – werden sie abgebildet, und welche Unterschiede gibt es zwischen den Kulturlandschaften?

Macht es einen Unterschied, ob die abgebildete Frau sitzt oder liegt?

Die Position der teilnehmenden Frauen war nicht zufällig und verrät grundsätzlich etwas über die Botschaft, die mit dem Bild transportiert werden sollte. Liegen Mann und Frau etwa gemeinsam auf einer Kline oder Matratze, brachte dies auch eine körperlich-intime Verbindung zum Ausdruck. Das gilt für die Darstellung von Hetären griechischer Alltagssymposien genauso wie für die Abbildung eines legitimen Ehepaars in der etruskischen Grabmalerei.

Was vermittelt eine sitzende Frau?

Soll die ehrbare Position einer Familienmutter und Hausvorsteherin betont werden, sitzt die Frau, vorzugsweise auf einem eigenen Stuhl. Solche Darstellungen sind aus Griechenland, Etrurien und Kleinasien bekannt, allerdings in unterschiedlicher Häufigkeit.

Welche Bedeutung hatte die Region im Zusammenhang mit Frauendarstellungen?

Für uns war zum Beispiel die Frage nach der regionalen Häufigkeit von Kollektivbanketten, sprich Banketten und Gelagen, an denen mehr als zwei Personen teilnehmen, im Grabzusammenhang sehr aufschlussreich. Diese Motive verdeutlichten die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, bei den Etruskern etwa zur aristokratischen Oberschicht.

Gab es hier Besonderheiten im Zeitverlauf? Was veränderte sich?

Ab dem vierten Jahrhundert vor Christus wurde bei den Etruskern zunehmend betont, dass Verstorbene zu einer politisch wichtigen Großfamilie zählten. In den Grabmalereien Etruriens spielten Kollektivbankette eine zentrale Rolle. Obwohl die etruskische Gesellschaft patriarchal organisiert war, kamen legitime Ehefrauen hier vor und waren bildwürdig. (sobu)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2014)

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