Marcel Koller: "Das ist doch Hokuspokus"

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Teamchef Marcel Koller will vor dem EM-Qualifikationsspiel am Donnerstag in Moldau der traditionellen Auswärtsschwäche der Österreicher den Kampf ansagen.

Österreichs Erfahrungen mit dem moldauischen Fußball sind noch eher bescheiden. Und die Fans werden sich vielleicht auch gar nicht mehr daran erinnern wollen, an die bisher zwei ausgetragenen Länderspiele. In der EM-Qualifikation für die Endrunde 2004 in Portugal gab es in Wien zwar einen 2:0-Erfolg, auswärts jedoch erfolgte die Ernüchterung. Gespielt wurde damals im Juni 2003 in Tiraspol, die Österreicher verloren mit 0:1. Einer der Tiefschläge, die Teamchef Hans Krankl hinnehmen musste. Die Endrunde wurde verpasst, die Österreicher hatten damals auch keine wirklich wettkampftaugliche Mannschaft. In der Elf standen mit Martin Stranzl (1860 München) und Markus Schopp (Brescia) zwei Legionäre, kein Vergleich also zur heutigen ÖFB-Auswahl. Die Moldauer wurden damals übrigens Gruppenvierter hinter Österreich, Platz eins und zwei ging an Tschechien und die Niederlande.

Auch in den Jahren danach wurden Endrunden von Europa- und Weltmeisterschaften verpasst, nur 2008 durfte Rot-Weiß-Rot als Veranstalter der Euro mitwirken. Drei Spiele – und der Zauber war schon wieder vorbei. Der Mann, dem nun zugetraut wird, die ÖFB-Mannschaft erfolgreich zu einem Turnier zu führen, ist Marcel Koller. Der Schweizer soll David Alaba und Co. nach Frankreich (2016) dirigieren, was angesichts der Gegner auch als durchaus machbar gilt. Aber so einfach ist das heutzutage nicht mehr in Europa. Weil Mannschaften, die beispielsweise diesen Sommer in Brasilien auch nur Zuschauer waren, durchaus unangenehme Gegner sein können. Wie zuletzt gesehen beim 1:1 im Happel-Stadion gegen Schweden.

Wie gut der österreichische Fußball wirklich ist, wird sich möglicherweise schon in den nächsten Wochen herauskristallisieren. Am Donnerstag müssen die Österreicher in Chisinau gegen die moldauische Nationalmannschaft antreten, am kommenden Sonntag geht es im Happel-Stadion gegen Montenegro. Erstmals übrigens. Und dann kommt das Duell mit WM-Teilnehmer Russland. Das Spiel am 15. November ist jetzt schon ausverkauft.

Deutschland bleibt der Koller-Elf diesmal erspart, aber das ist sicher nicht die halbe Miete, denn die Österreicher haben fast schon traditionell ein Problem in der Fremde. In Auswärtsspielen wurden in der Vergangenheit viel zu viele Punkte liegen gelassen, selbst gegen vermeintlich schwächere Fußballnationen konnte man sich nicht durchsetzen. Und so könnte es sein, dass ausgerechnet diese Spiele in Moldau oder Montenegro entscheidend werden.

Marcel Koller wird diesmal also auch als Psychologe gefragt sein. „Es ist meine Aufgabe, die Mannschaft auf dieses Spiel vorzubereiten. Da spielt sich vieles im mentalen Bereich ab. Aber ich werde meinen Spielern vermitteln – ihr könnt das!“ Und dass die Österreicher auswärts nicht gewinnen können, hält der Teamchef für Unsinn. „Das ist doch alles Hokuspokus.“ Besser gesagt sind das lediglich billige Ausreden. Anderes Stadion, anderer Rasen, anderer Ball? Interessiert einen Koller nicht.

Der Schweizer versucht Optimismus zu verbreiten, wobei ihm auch gar nichts anderes übrig bleibt. Dass die Österreicher aber über die beste Mannschaft seit vielen Jahren verfügen, das hat man gegen Schweden nicht gesehen. Stattdessen waren eher die Schwachstellen deutlich zu sehen. Auch wenn im Nachwuchs immer wieder beachtliche Erfolge gefeiert werden, so herrscht auf einzelnen Positionen Not am Mann. Wie etwa im Angriff. Der einzige Stürmer vom alten Format ist Marc Janko. 17 Länderspieltore hat er zu Buche stehen, so viele wie kein anderer im Kader. Darum lässt ihn Koller auch aus Australien einfliegen. Gegen die Schweden hat der Sydney-Legionär jedoch ziemlich hölzern gewirkt. Eine Alternative wäre Rubin Okotie, der für 1860 München trifft. Aber die „Löwen“ spielen nur in der zweiten Liga. Und das nicht wirklich erfolgreich. Der Tiroler Ingolstadt-Profi Lukas Hinterseer (Debüt 2013) steht auch in der zweiten Leistungsklasse unter Vertrag.

An der Tormann-Problematik hat sich auch nichts geändert, Robert Almer spielt weiterhin bei seinem Klub (Hannover) nicht, bleibt bei Koller aber die Nummer eins. Das könnte irgendwann einmal ins Auge gehen. In der Abwehr bieten sich genügend Spieler an, vor allem in der Innenverteidigung. Wie lange Christian Fuchs noch tragbar ist, wird der ÖFB-Teamchef noch im Lauf dieser Qualifikation beantworten müssen. Der Routinier ist Kapitän, aber kein moderner Außenverteidiger mehr.

Martin Harnik, außer Form, bei Stuttgart zuletzt nicht mehr in der Startelf, kämpft in erster Linie mit sich selbst, sein Hintermann Florian Klein agiert so unauffällig, dass man sich nie sicher ist, ob er überhaupt auf dem Platz gestanden ist. Auffällig hingegen Marko Arnautović – nämlich auffällig unauffällig. Aber bei Koller hat er einen Stein im Brett. So wenige Tore kann er gar nicht schießen.

ÖFB

Gefragte Heimspiele

Das EM-Qualifikationsspiel zwischen Österreich und Russland am 15. November in Wien ist mit 48.500 Fans ausverkauft. Der ÖFB teilt weiters mit, dass für das ebenfalls im Happel-Stadion stattfindende Heimspiel am 12. Oktober gegen Montenegro noch rund 7000 Tickets verfügbar sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2014)

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