Ernüchterung in Bad Tatzmannsdorf

Noch hofft man im Thermenort auf den Ansturm kroatischer Fans. Derzeit dominiert aber Ernüchterung – und Ärger über Jubelmeldungen der Touristiker.

bad tatzmannsdorf. Am Hauptplatz von Bad Tatzmannsdorf flattern 45 kroatische (und österreichische) Fahnen im Wind. Daneben ein Plakat mit einem Foto der kroatischen Nationalmannschaft. „Dobro dosli“ (Herzlich willkommen) ist in blau-roter Schrift auf die Straße gepinselt. Von Fans aus dem Land des Gegners der Österreicher am Sonntag ist allerdings nichts zu sehen. „Es sind ja auch keine da“, sagt Hans Martin Simon, der in Bad Tatzmannsdorf eine Konditorei und einen Radverleih betreibt.

„So was von enttäuscht“ ist auch Klaus Janits in seinem „Thermencamp Oberschützen“. 115 Stellplätze für Wohnwägen oder Zelte und 16 schmucke Holzbungalows stünden den Fans hier zu Verfügung. Gekommen ist bislang kein einziger. „Wir hatten nur eine Anfrage“, sagt Janits und zieht eine ernüchterte Zwischenbilanz: „Es ist nicht das, was wir uns erhofft haben.“

Die Hoffnungen im südburgenländischen 1600 Einwohner-Ort waren zu Beginn nicht zu klein. Im Laufe der Zeit schrumpften die Erwartungen, der Unmut wuchs. „Auf die kleinen Pensionen, die Bad Tatzmannsdorf groß gemacht haben, hat man vergessen“, grollt Campingplatz-Betreiber Janits. Geblieben ist der Ärger über die „Jubelmeldungen der Touristiker von vor Weihnachten, dass wir ausgebucht sind“, schimpft Konditor Simon. „Das wurde vorschnell hinausposaunt“, findet auch Campingplatzbetreiber Janits: „Wir sind nicht die Spur von voll.“

Trainingsarena um eine Million

„An den großen Ansturm haben wir nicht geglaubt“, relativiert Tourismusdirektor Dieter Lindau. Er erwartet mit Verlauf des EM-Turniers aber noch mit einem stärkeren Zulauf kroatischer Fans. Bis dahin fokussiert er seine Zufriedenheit auf die neue Fußball-Arena des Orts, die von den Kroaten während ihres Aufenthalts im Teamhotel „Avita“ als Trainingsgelände verwendet wird.

„Die Anlage hält auch bei Regen“, lässt sich Lindau seinen Optimismus auch durch die heftigen Regengüsse der letzten Tage nicht vermiesen. Um eine Million Euro hat man einen Kunstrasen- und einen Naturrasenplatz sowie zwei kleine Spezialtrainingsplätze errichtet. Die kroatischen Kicker sind jedenfalls begeistert, ließ Teamchef Slaven Bilic ausrichten.

Die Fans sind es weniger. „Man sieht ja nichts“, ärgert sich ein stilgerecht ins kroatische rot-weiß-karierte Teamdress gepresster Mann aus Zagreb. Tatsächlich ist das Team, das sich im Hotel über 50 Zimmer und drei Etagen ausgebreitet hat, von der Außenwelt hermetisch abgeschirmt.

Nur 50 Stammgäste des Hauses haben die Möglichkeit, mittendrin statt nur dabei zu sein. Sie wurden auf das exklusive Vergnügen, zeitgleich mit den kroatischen Kickern im Hotel zu wohnen, aber schon im Vorfeld schriftlich vorbereitet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2008)

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