Wieder verstehen ganz ohne Lippenlesen

Erfolg aus Österreich. Das Cochlea-Implantat, eine Erfindung aus Wien, wird von Med-El in Innsbruck hergestellt.

Letztes Jahr war es der „amerikanische Medizinnobelpreis“, der Lasker-Preis, heuer der Ludwig-Wittgenstein-Preis der Österreichischen Forschungsgemeinschaft: Ingeborg Hochmair-Desoyer, 61, ist es gewohnt, Ehrungen entgegenzunehmen. Die Gründerin und Chefin des Tiroler Unternehmens Med-El zeigt sich „außerordentlich glücklich, dass unser Lebenswerk so glanzvoll geehrt wird“. Ihr Mann Erwin Hochmair – damals Assistent an der TU Wien – schlug der jungen Elektrotechnikstudentin 1975 vor, mit ihm eine Hörprothese zu entwickeln: der Beginn einer österreichischen Erfolgsgeschichte. Europaweit ist Med-El heute Marktführer, weltweit auf Platz zwei. Die Hörprothese sollte Geräusche direkt an den Hörnerv übermitteln.

Schon 1977 war es geschafft: In Wien wurde das weltweit erste „Mehrkanal-Cochlea-Implantat“ einem Patienten eingesetzt. Durch ständige Weiterentwicklung konnten bereits 1979 vorher fast taube Menschen wieder Wörter und Sätze verstehen, ganz ohne Lippenlesen. Bis heute profitieren weltweit über 200.000 Menschen vom „neuen Hören“ durch die Med-El-Technik. Neben Cochlea-Implantaten gibt es auch Mittelohrimplantate, Knochenleitungsimplantate und andere Lösungen für verschiedene Arten der Schwerhörigkeit.

Die Familie Hochmair-Desoyer zog 1986 von Wien an die Uni Innsbruck und baute dort das Institut für Experimentalphysik auf. Als 1988 die US-Firma 3M die von ihnen entwickelten Cochlea-Implantate nicht weiter herstellen konnte, gründete das Ehepaar das Medizintechnikunternehmen Med-El als Spin-off der Universität.

Heute beschäftigt das Unternehmen weltweit rund 1500 Mitarbeiter und arbeitet mit 2000 Kliniken zusammen, die die Implantate chirurgisch einsetzen. Geeignet sind sie für alle Altersstufen: vom drei Monate alten Baby bis zum 100-Jährigen. (APA/vers)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2014)

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