Das Smartphone weiß, wer reindarf

Anrufen, PIN eingeben oder einfach das Handy an die Tür halten: Zutrittskontrolle mittels Mobiltelefon.

Ohne Handy ist es an finnischen Raststätten nicht mehr möglich, die Toilette aufzusuchen. Die WC-Türen öffnen sich erst, wenn man ein SMS an eine bestimmte Nummer schickt. Die finnische Straßenbehörde will so die Zerstörung öffentlicher Toiletten verhindern.

Elektronische Zutrittssysteme, die sich via Handy steuern lassen, finden sich auch immer häufiger in Unternehmen wieder. „Auf einem internetfähigen Handy, Smartphone oder PDA wird ein Remotezugriff hinterlegt. Wird dieser betätigt, geht eine verschlüsselte Information an den ekey Tocanet Server, und die Türe wird geöffnet. Dieser sogenannte Portiermodus ist sehr komfortabel, wenn ein Lieferant oder Handwerker eingelassen werden muss, obwohl niemand im Gebäude ist“, erklärt Leopold Gallner, Geschäftsführer von ekey, die mit Tocanet ein netzwerkbasierendes Zutrittssystem anbieten, das neben der Handysteuerung auch auf biometrische Zugangscodes via Finger-scan setzt. Dass sich das Handy als digitaler Schlüssel durchsetzen wird, glaubt der Geschäftsführer allerdings nicht: „Für die direkte Anwendung hat der Fingerscan viele Vorteile, weshalb das Handy als digitaler Schlüssel im Alltag keinen Sinn macht.“ Das Mobiltelefon könne aber eine praktische Ergänzung der Biometrie sein.

Handy immer dabei

Anders sieht dies Christian Csank, Geschäftsführer des Wiener Neustädter Start-ups Sorex Wireless: „Das Handy trägt man immer bei sich, es ist für die meisten Menschen einer der persönlichsten Gegenstände. Was liegt also näher, als es auch als Schlüssel zu verwenden?“ Das Unternehmen setzt mit seiner Lösung, die sich sowohl für Privatanwender als auch für Firmen eignet, auf den Bluetooth-Standard: Die gesamte Technik steckt in einem Modul, das an der Innenseite der Tür angebracht und mit dem elektromechanischen Schloss verbunden wird. Wenn der Nutzer sein Bluetooth-Handy an dem Modul freischaltet, wird die Kennung des Geräts gespeichert. Die Türen öffnen dann automatisch, wenn der Benutzer mit diesem Handy davorsteht. „Es bedarf keiner Installation oder Veränderung am Handy“, erklärt Csank. Praktisch jedes bluetoothfähige Mobiltelefon könne als elektronischer Schlüssel verwendet werden.

Einen anderen Zugang wählten die Entwickler der KnockN'Lock Box: Hier muss der Nutzer selbst aktiv werden und das Modul anrufen, damit sich die Türen öffnen. Hinter dem System steckt das klassische Anklopfen: „Mittels KnocKey wird ein verschlüsseltes Klopfsignal auf die Tür übertragen“, erläutert Geschäftsführerin Manuela Engel-Dahan von E-Lock KnockN'Lock Technology. Ein Spezialschloss nimmt die Vibration auf, entschlüsselt das Signal und öffnet.“ Alternativ wird eine Knoc- Key-Box mit integriertem GSM-Modul innen an der Zarge montiert, sodass sich die Tür per Anruf steuern lässt. Die Box überprüft die Telefonnummer des Anrufers, ist er berechtigt, öffnet sich die Tür. Da niemand abhebt, ist der Anruf gratis. Mit der mitgelieferten Software können Berechtigungen für 2000 Telefonnummern vergeben werden, davon 400 mit Zeitfenster. Für mehr Sicherheit kann zusätzlich eine PIN-Code-Abfrage aktiviert werden. „Dann ist der Anruf kostenpflichtig, dafür öffnet die Tür nicht gleich bei Anruf, sondern erst nach Code-Eingabe auf dem Handy“, so Engel-Dahan.

PIN für zusätzliche Sicherheit

Schon seit Jahren wird auch die kontaktlose Schnittstellentechnologie Near Field Communication (NFC) als Lösung gehandelt, um das Handy in einen Schlüssel zu verwandeln. Ein Vorteil dieser mit RFID verwandten Technik wäre, dass der NFC-Chip im Handy auch bei leerem Akku ausgelesen werden kann. Erste NFC-fähige Geräte sind bereits erhältlich. Derzeit gibt es aber kein Projekt, in dem NFC für Zugangskontrollen in Unternehmen eingesetzt werde, hieß es beim NFC-Miterfinder NXP Semiconductors Austria. Erklärung: Die Betreiber würden bei sicherheitsrelevanten Anwendungen zuwarten, bis die Technologie stärker im Markt verankert ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2008)

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