Nationalsozialismus: „Österreich könnte Asner ausliefern“

(c) Reuters (Herwig Prammer)
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Laut Kultusgemeinde-Präsident Muzicant fehle der Wille, den NS-Verbrecher an Kroatien zu übergeben.

Wien. Ariel Muzicant, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), und Efraim Zuroff vom Simon Wiesenthal Center in Jerusalem sind überzeugt, dass Österreich den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Georg (Milivoj) Asner an Kroatien ausliefern könnte. Doch der politische Wille fehle. Die Politiker, so Muzicant, müssten entscheiden, ob sie handeln oder nur „schöne Reden bei Gedenkveranstaltungen halten“.

Muzicant verglich den Fall von Ex-Bawag-Generaldirektor Helmut Elsner mit jenem Asners, der als Polizeichef im faschistischen Ustascha-Regime hunderte Serben, Juden und Roma in den Tod geschickt haben soll. Elsner habe man trotz Herzkrankheit nach Österreich „gekarrt“, Asners Auslieferung aber verweigere man wegen Demenz. IKG-Generalsekretär Raimund Fastenbauer kritisierte, dass Österreich eine „gut integrierte Familie“ wie jene Arigona Zogajs abschiebe, NS-Verbrecher Asner aber von Landeshauptmann Jörg Haider zum Bleiben eingeladen werden.

Zuroff wiederholte seinen Vorwurf, dass Österreich ein „Paradies für NS-Kriegsverbrecher“ sei. „Österreich schützt Milivoj Asner.“ Er stellt das Gutachten des Gerichtspsychiaters Reinhard Haller – dieser hatte schon dem NS-Arzt Heinrich Gross Verhandlungsunfähigkeit attestiert – in Frage. Mit Hinweis auf die Aussagen jenes „Sun“-Reporters, der Asner an seinem Wohnort Klagenfurt beobachtet hat, meinte er: „Er ist für sein Alter bei guter Gesundheit. Ich sehe keinen Grund, warum er nicht vor Gericht gestellt werden sollte.“ Schließlich sei Asner 2004 trotz seiner damals 91 Jahre aus Kroatien geflohen.

Neue Gutachten möglich

Zuroff forderte die Einsetzung einer internationalen Expertenkommission, die Asner auf Demenz untersuchen solle. Zur Erklärung: Verhandlungsfähigkeit ist die Voraussetzung dafür, dass man Asner an Kroatien ausliefern kann. Beim zuständigen Gericht in Klagenfurt will man vorerst keinen neuen Gutachter einsetzen. Dafür müsse es berechtigte Zweifel am bisherigen Gutachter geben, heißt es zur „Presse“. Allerdings würde der mit dem Fall betraute Richter alle jüngst in Medien publizierten Informationen prüfen. Sollte er danach „die Situation neu bewerten“, sprich an Asners Verhandlungsunfähigkeit zweifeln, könnte ein neuer, möglicherweise internationaler Gutachter bestellt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2008)

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