Wachstums-Potenzial Design: Fortschritt in Formvollendung

In Bestform zum Erfolg gelangen statt Design auf simple Behübschung reduzieren? Anlässlich der Vienna Design Week diskutieren Experten über vielfach noch brachliegendes Kapital.

Bislang setzen nur 31 Prozent der heimischen Unternehmen Design bewusst im Prozess der Produktentwicklung ein, so das Ergebnis der 2006 von „Departure“, einer Förderorganisation für Unternehmer und Unternehmensgründer im Bereich Creative Industries, verfassten Studie „Die Österreichische Designleiter“.

„Hier hat Österreich einen enormen Aufholfbedarf“, urteilt Robert Punkenhofer, künstlerischer Leiter der viennaartweek, Direktor des EXPO Office Austria und ehemaliger Leiter der Österreichischen Designstiftung, Wien. Noch sind Unternehmen wie Swarovski, KTM, Zumtobel oder Rosenbauer, bei denen Design als Säule gesamtunternehmerischer Strategie rangiert, die große Ausnahme. Dass hochwertiges Design die Wettbewerbsfähigkeit erhöht, hat man bei Bene, einem der wenigen österreichischen Unternehmen mit eigener 20-köpfiger Designabteilung, schon in den 1970er-Jahren erkannt. Manfred Bene, Aufsichtsratsvorsitzender der Bene Büromöbel AG: „Als Unternehmer präge ich mit meiner Haltung zu Design das Markenbild. Unternehmenskultur und Design dürfen kein Gegensatz sein.“

Design ist Chefsache

Auch der Unternehmer Julian Riess, Geschäftsführer von Riess Kelomat in Ybbsitz, setzt auf die Zusammenarbeit mit namhaften Designern: „Mit innovativem Design kann ich mich vom Mitbewerb absetzen, was letztendlich zum Verkaufserfolg führt.“

Während Bene seine Produkte über einen eigenen Direktvertrieb absetzt, müssen sich die Riess-Kelomat-Produkte zweimal – einmal an den Mittler „Handel“ und in Folge an den Endkunden – verkaufen. „Wir betreiben regelmäßig Marktforschung und haben aus 20 Megatrends fünf Zielgruppen destilliert, auf die die unterschiedlichen Designlinien maßgeschneidert werden.“

Wer im Unternehmen definiert den Designprozess, beauftragt die Kreativen? Dies ist Sache der Geschäftsführung, denn „Produktdesign muss mit der gesamten Corporate Identity des Unternehmens harmonieren“, konstatiert auch Riess. Wobei laut Bene die Zusammenarbeit mit Kreativen wie Architekten, Innenarchitekten und Designern nicht nur Produkte und Unternehmenskultur beeinflusst, sondern sogar die gesamte Unternehmensstrategie.

Thomas Geisler, Designforscher an der Universität für angewandte Kunst und Mitorganisator der Vienna Design Week, versteht die Zusammenarbeit zwischen Gestaltern und Unternehmen als Partnerschaft, in der auch die Chemie stimmen muss: Deshalb kann man Designer nicht einfach aus dem Internet heraus engagieren.“ Neben passender Chemie ist auch ein gewisses Maß an Vertrauen und Risikobereitschaft seitens der Auftraggeber erfolgsbestimmend: „Allzu einengende Vorgaben der Unternehmen an Designer könnten Innovationen auch verhindern“, meint Geisler.

Design kann Lebensqualität steigern

Wer als Produktgestalter bei Ikea reüssieren will, sollte den Kundennutzen an die erste Stelle setzen. „Schließlich kann gelungenes Design, das sich auch über die Funktionalität definiert, einen deutlichen Beitrag zur Steigerung der Lebensqualität liefern“, konstatiert Ernst Richter, Interior-Design-Manager bei Ikea Austria.

In Österreich gehen aus rund 40 Designausbildungsinstitutionen – vom Privatlehrgang bis zur Universität – jährlich mehr als 1400 Absolventen (Quelle: Design Austria, Berufsverband für Grafik-Design, Illustration und Produkt-Design) hervor.

Wie finden die Arbeit? – Lisa Elena Hampel, Kogründerin von Danklhampel Design: „Es gibt zwei Zugänge. Die sogenannten Autorendesigner entwerfen eigene Produkte und suchen dann nach geeigneten Unternehmen, die diese produzieren und vertreiben, oder sie versuchen es im Alleingang. Der andere Weg ist der auftragsgebundene.“ – Letzteren sind auch Danklhampel gegangen, die sich nach dem Studium „ein halbes Jahr Zeit gegönnt haben, um bei einem Businessinkubator unternehmerisches Rüstzeug wie Projektmanagement, Marketing-Know-how und Präsentationstechnik zu erwerben und einen Businessplan auszuarbeiten.

Vorbildhaft, denn bezüglich Selbstmanagement und Selbstvermarktung der Kreativen ortet Punkenhofer Nachholbedarf: „Designer treten oft unprofessionell auf. Um sich zu verkaufen, braucht man eine Webseite mit Referenzen und einer Spezialisierung. Auch die Kommunikation des Mehrwerts von Design und die Einhaltung von Deadlines sind wichtig.“

„Vor dem unmittelbaren Sprung nach dem Studium in die Selbstständigkeit, etwa weil keine Anstellung in Sicht ist“, warnt Punkenhofer. „Stardesigner Tom Dixon hat jahrelang als Angestellter für ,habitat‘ gearbeitet und sich parallel dazu selbstständig gemacht“, weiß Julian Riess, und Manfred Bene rät frischgebackenen Gestaltern, „zunächst einige Jahre Erfahrungen in einem der großen renommierten Designbüros im Ausland zu sammeln“.

Nach welchen Kriterien Unternehmen Designer auswählen? Bene: „Ich beurteile Kreative nach deren Arbeiten, die Referenzen sind entscheidend.“ Ob die Höhe des Honorars – der durchschnittliche Stundenlohn liegt laut Punkenhofer bei 70 Euro, der durchschnittliche Jahresumsatz selbstständiger Designer bei 52.000 Euro – bei der Auftragsvergabe eine Rolle spielt? „Es gibt zwar eine Schmerzgrenze“, räumt Bene ein, aber „nicht der günstigste Designer kriegt den Zuschlag, der Preis ist das letzte Entscheidungskriterium“, meint Riess.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2008)

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