Sonnenstrom fristet Schattendasein

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In Deutschland ist die Industrie in Goldgräber-Stimmung, Österreich hinkt hinterher.

In Sachsen wird auf einem ehemaligen Militärflughafen das größte Fotovoltaikkraftwerk der Welt errichtet. 550.000 Dünnschichtsolarmodule, alle südlich ausgerichtet, absorbieren Sonnenstrahlen für die Stromerzeugung. Anfang 2009 soll die Anlage in Betrieb gehen und mit 40.000 Kilowatt  Peak (= Spitzenleistung bei voller Sonneneinstrahlung) den Jahresbedarf von 10.000 Haushalten decken. Das Fotovoltaikkraftwerk wird damit jedes Jahr rund 25.000 Tonnen CO2 einsparen.

Niedrige Zuwachsraten


Die größte Fotovoltaikanlage Österreichs, ein Projekt der Firma Fronius, befindet sich bei Sattledt und hat eine Leistungsfähigkeit von 615 Kilowatt Peak, was dem jährlichen Stromverbrauch von etwa 150 Haushalten entspricht. Der Vergleich mit dem deutschen Megaprojekt wirft einmal mehr die Frage auf, warum es in Österreich eigentlich keine Fotovoltaikanlage in Kraftwerksdimensionen gibt. „Es liegt an den Rahmenbedingungen“, erklärt Gerd Schauer, Forschungskoordinator bei der Austrian Renewable Power GmbH, einer 100-prozentigen Tochter des Verbunds. In Österreich habe es immer wieder konkrete Pläne für Projekte in der Zehn-MW-Klasse gegeben, die aber aus Kostengründen nicht realisiert worden sind. „In Deutschland rechnen sich auch Großanlagen“, so Schauer, „bei uns wegen der fehlenden Förderungen aber nicht.“

Damit koppelt sich Österreich von einer globalen Entwicklung ab. Einer Prognose der Europäischen Photovoltaik Vereinigung (EPIA) zufolge könnten bis 2020 eine Milliarde Menschen mit Solarstrom versorgt werden. In der Branche herrscht Goldgräberstimmung. Doch während sich Deutschland zur weltweiten Nummer eins am Fotovoltaikweltmarkt entwickelt hat, gehört Österreich zu den Schlusslichtern.

Laut Angaben des Photovoltaic Power System Program der International Energy Agency wurden 2007 in Deutschland Fotovoltaikanlagen mit insgesamt 1135 Megawatt Leistung installiert, in Spanien 512 Megawatt, in Japan 210 und in Italien 70. Österreich brachte es lediglich auf ein Plus von 2,1 Megawatt. „Diese Zuwachsraten sind extrem schwach“, klagt PVA-Präsident Hans Kronberger. „In Bayern verkauft ein einzelner PV-Installateur zwei Megawatt pro Jahr.“ Dort beträgt der Anteil der Fotovoltaik zwei Prozent am Gesamtstrom, in Österreich sind es drei Promille. Sein Fazit: „Österreich hat den Anschluss an diese Technik verschlafen.“

Schwacher Heimatmarkt


Schuld daran seien vor allem die niedrigen Einspeistarife und die gedeckelten Förderungen. So gab es heuer für Kleinanlagen ein Förderbudget von acht Millionen Euro. Dieses war in wenigen Minuten vergeben. Für Fotovoltaik-hersteller macht die Deckelung das Geschäft mitunter zum Glücksspiel. „Es ist zeitaufwendig, Kunden zu beraten und zu überzeugen“, so Kurt Leeb, Geschäftsführer bei MEA-Solar. „Wenn sie dann wegen der Deckelung keine Förderung bekommen, war alles umsonst.“ Expandieren, die Mitarbeiteranzahl erhöhen oder langfristige Forschungsprojekte starten – das alles ist bei einer derartig unsicheren Marktlage alles andere als einfach. Die Bereitschaft von Wirtschaft und Privaten, in Fotovoltaikanlagen zu investieren sei zwar groß. „Fotovoltaikanlagen sind in Österreich bei den derzeit geltenden Fördermodellen aber nicht wirtschaftlich, sondern reine Liebhaberei“, meint Leeb. Erst in etwa sieben bis zehn Jahren werde die Fotovoltaik ohne Förderungen mit den konventionellen Energiequellen wirtschaftlich mithalten können. Wann die sogenannte „Netzparität“ tatsächlich erreicht wird, hängt aber auch davon ab, wie viel die Produzenten in Forschung und Weiterentwicklung investieren können. Grundvoraussetzung dafür wäre aber ein starker heimischer Markt.

Hohe Exportquoten


Die Exportquote der heimischen Fotovoltaikhersteller liegt laut PVA im Schnitt bei etwa 98 Prozent. Einige Firmen haben sich in Fotovoltaik-Hightech-Segmenten an der Weltspitze etabliert, insgesamt beträgt Österreichs Anteil am Weltmarkt rund 1,7 Prozent. So stattete beispielsweise die Kärntner Kioto Clear Energy AG die spanischen Fotovoltaikkraftwerke Macael und Mercadillo mit multikristallinen PV-Modulen aus. Betreiber der beiden Anlagen: Die Austrian Renewable Power GmbH des Verbund. Georg Napetschnig, Produktionsleiter von Kioto Photovoltaics, ist Vorsitzender der Österreichischen Technologieplattform Photovoltaik. Diese will durch Bündelung von Kräften aus Wirtschaft und Forschung im heimischen Fotovoltaikmarkt neue Impulse setzen. „Derzeit wird vor allem an der Erweiterung des Wirkungsgrads der Zellen gearbeitet“, sagt Napetschnig, und betont: „Ohne bessere Förderung bringt aber auch ein besserer Wirkungsgrad wenig. Eine neue Technologie kann ohne gewisse Anfangsförderungen nicht Fuß fassen.“ Mit besserer Förderpolitik komme mehr Volumen, mit mehr Volumen bessere Technologie. „Solange auf den Förderungen aber die Deckelung drauf ist, wird sich nicht viel ändern“, kritisiert der Experte.

Bei einer Podiumsdiskussion des PVA waren Mitte September übrigens Vertreter aller Parlamentsparteien für das Ende der Deckelung. Bleibt abzuwarten, ob die neue Regierung in diesem Sinn handeln wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2008)

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