Strache: Kein Kindergartenzwang für Inländer

(c) Reuters (Dominic Ebenbichler)
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FPÖ-Chef Strache fordert eine andere Familienpolitik und will Häupl stürzen. Weiters will er, dass die Opposition geschlossen auftritt.

Die Presse: Sie haben „keine Schonfrist“ für die Koalition angekündigt. In Wirklichkeit ist es derzeit aber recht still um Sie geworden.

Heinz-Christian Strache: Wir zeigen täglich die bessere Lösung auf. Offenbar wird das medial negiert.

Sie fanden, dass das Bankenpaket strengerer staatlicher Kontrolle unterliegen müsste. Und sonst?

Strache: Wir haben ein Steuersenkungspaket von sechseinhalb Milliarden Euro verlangt. Aber die gescheiterten Streithanseln der abgewählten Koalition planen lediglich Alibimaßnahmen, die die Betroffenen gar nicht spüren.

Es wurden doch zwei große Konjunkturpakete geschnürt.

Strache: Das ist ein Paketchen, kein Paket. Und es kann doch auch nicht sein, dass es ein 15-Milliarden-Kredit-Paket für Banken gibt, ohne dem Rechnungshof eine Kontrollmöglichkeit über die Bilanzen einzuräumen. Es muss Regeln geben für die Stärkung des Binnenmarktes und der Klein- und Mittelbetriebe.

Halten Sie Banken nicht für seriös?

Strache: Gegenfrage: Halten die Banken die kleineren und mittleren Unternehmer nicht für seriös? Die müssen heute als Bittsteller vor die Banken treten und bekommen keine Kredite. Da muss doch umgekehrt gewährleistet sein, dass die Bank auf gesunden Beinen steht, keine Bilanzfälschung betreibt und das Geld der Steuerzahler nicht für das Stopfen von Spekulationslöchern verwendet.

Sie haben eine gemeinsame Oppositionsstrategie angekündigt. Wozu?

Strache: Es wäre ein fatales Signal, würde sich eine einzelne Partei für billige Geschäfte als Mehrheitsbeschaffer bei Verfassungsentscheidungen hergeben (der Regierung fehlt die Zwei-Drittel-Mehrheit, Anm.). Da sollte die Opposition geschlossen auftreten.

Für Rot und Schwarz sind Sie ein Rabauke und Hooligan.

Strache: Wir wurden bei der Wahl gestärkt, weil wir die verfehlte Zuwanderungspolitik stoppen, die Sicherheits- und die Sozialpolitik stärken wollen. Beim Asylmissbrauch lässt man sich auf der Nase herumtanzen: Es gibt tausende Fälle wie die Familie Zogaj, die gerichtlich als Asylmissbrauch anerkannt sind, aber nicht abgeschoben werden. Die Regierung schaut zu.

Abseits vom Asyl: Ohne gezielte Zuwanderung wird es nicht gehen.

Strache: Das ist ein falscher Gedanke. Aufgrund einer schlechten Familienpolitik können sich immer weniger Österreicher mehr als ein oder zwei Kinder leisten.

Aber in kaum einem anderen Kapitel hat die Regierung so konkrete Maßnahmen vorgelegt.

Strache: Wo denn? Bis heute ist der Kindergarten nicht kostenlos.

Zum Beispiel soll das letzte Jahr verpflichtend und gratis werden.

Strache: Keine österreichische Familie braucht Kindergartenzwang. Es geht um Wahlfreiheit. Ich fordere ein Kindererziehungsgehalt.

Es gibt schon ein Kindergeld.

Strache: Wir wollen das neben dem Kindergeld. Außerdem fordern wir ein Familiensteuersplitting.

Haben Sie schon einen Kärntner FPÖ-Spitzenkandidaten gefunden?

Strache: Es stehen mehrere Persönlichkeiten zur Wahl, die das freiheitliche Erbe und das Erbe Haiders in Kärnten sicherstellen können.

Haben Sie das Gefühl, dass es rund um den Tod Jörg Haiders noch Ungereimtheiten geben könnte, wie offenbar seine Witwe meint?

Strache: Ich kann nur zur Kenntnis nehmen, was die Gutachten bestätigen. So wird es gewesen sein.

Sollen die Iren ein zweites Mal über den EU-Vertrag abstimmen?

Strache: Das würde nur zeigen, dass man ihren Willen nicht ernst nimmt. Die Europäer wollen keinen zentralistischen Bundesstaat. Die Verfassung ist gescheitert. Bei einem neuerlichen Anlauf muss es in Österreich eine zwingende Volksabstimmung geben.

Die Meinung hat sich doch geändert. Etliche Länder hätten jetzt gern den Euro und wollen in die EU.

Strache: Die Schweiz hat die Krise wesentlich besser im Griff als wir.

Ist das eine Empfehlung, lieber außerhalb der EU zu stehen?

Strache: Nein. Wir empfehlen, Europa bürgernäher, föderaler und sozialer zu gestalten.

Ist eigentlich eine blau-schwarze Allianz zum Sturz des Wiener Bürgermeisters Häupl 2010 denkbar?

Strache: Wir haben in Wien sozialistische Arroganz und Allmacht. Die SPÖ hat sich vom Bürger entfernt, die ÖVP gibt es de facto nicht. Die FPÖ ist der einzige Herausforderer. Je mehr man uns bei der Wahl stärkt und je deutlicher die SPÖ unter die Absolute fällt, desto eher ist ein Partnerschaftsverhältnis abseits der Sozialdemokratie möglich. Sozial statt Sozialismus ist unsere Losung.

ZUR PERSON

Heinz-Christian Strache (39J.) ist seit 2004 Wiener FPÖ-Chef und seit 2005 Bundesparteiobmann. 2010 will er in Wien als Spitzenkandidat antreten. Bei der letzten Nationalratswahl wurde die FPÖ mit 17,5Prozent wieder drittstärkste Kraft, Ausländerpolitik ist Straches Kernthema. „Jetzt geht's um uns Österreicher“, plakatierte er.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2008)

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