Graf: „Nazidreck“ im „Naziversand“

(c) Reuters (Dominic Ebenbichler)
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Der dritte Nationalrats-Präsident Graf distanziert sich. Den Grünen reicht das nicht. Denn Graf distanziere sich von etwas, womit er nach eigenen Angaben ohnehin nichts zu tun hätte.

WIEN (red.).Per Aussendung des Parteipressedienstes distanzierte sich der Dritte Nationaratspräsident der FPÖ, Martin Graf, am Freitag vom deutschen „Aufruhr-Versand“ und den dort von seinen Mitarbeitern getätigten Bestellungen. „Der Aufruhr-Versand ist ein Naziversand und abzulehnen“, so Graf. Der Versand sei ihm bis zur Veröffentlichung der Vorwürfe durch Medien unbekannt gewesen. Bei einem ersten Einblick am 6.Jänner in die Homepage des Versands habe er festgestellt, dass dort „eindeutigNazipropaganda“, „Nazidreck“ und „Nazischund“ zu beziehen sei.

Seine Mitarbeiter hätten zum letzten Mal im Jahr 2005 bei dem Versand bestellt, damals seien sie aber noch nicht seine Mitarbeiter gewesen. Dabei habe es sich um T-Shirts mit „unbedenklichen“ Aufdrucken gehandelt. Die jetzt kursierenden Bestelllisten seien gefälscht, so Graf. Für eine Kündigung der beiden jungen Männer, die heute 21 und 22 Jahre alt seien, sehe er keinen Grund.

Graf appellierte an die Medien und die politischen Mitbewerber, „jungen, fleißigen, unbescholtenen Menschen mit aufrechter freiheitlich demokratischer Gesinnung eine Chance zu geben und diese nicht aus parteipolitischem Kalkül stellvertretend für die Ablehnung politisch Andersdenkender zum Zwecke der parteipolitischen Agitation ob deren Handlungen als Minderjährige für deren ganzes Leben als vogelfrei zu brandmarken“.

„Nehme es zur Kenntnis“

Am Donnerstagabend war es zu einer Aussprache zwischen Graf und seinen Kollegen im Nationalratspräsidium, Barbara Prammer (SPÖ) und Fritz Neugebauer (ÖVP), gekommen. Prammer nahm Grafs Distanzierung nun „zur Kenntnis“. Die Sache sei damit abgeschlossen. Ähnlich äußerte sich Neugebauer: „Gelesen, zur Kenntnis genommen, abgelegt. Was wir vereinbart haben, hat er erfüllt, alles andere ist nicht mehr zu kommentieren.“

Nicht zufrieden waren die Grünen, allen voran der Abgeordnete Karl Öllinger, der die Sache ins Rollen gebracht hatte. Er würdigte zwar, dass Graf den Begriff „Nazidreck“ verwendet habe, aber das sei zu wenig. Denn Graf distanziere sich von etwas, womit er nach eigenen Angaben ohnehin nichts zu tun hätte. „Das ist grotesk.“ Öllinger bleibt dabei, dass die vorgelegten Bestelllisten, die von Graf als gefälscht bezeichnet worden waren, „echt und beweisbar“ sind.

Für die Zukunft wünscht sich Öllinger, „dass die Aufmerksamkeit für das Thema weitergeht“. Das derzeitige NS-Verbotsgesetz ist für den Grünen zwar im Inland sehr wirksam, doch es müsse überarbeitet werden, da beispielsweise die Bestellung von neonazistischen Produkten im Ausland möglich sei. Aber auch jenseits der Justiz sei die Politik gefordert. „Ich hoffe, dass eine gewisse Sensibilität geschaffen wurde“, so Öllinger.

Die FPÖ forderte ihrerseits eine Distanzierung Öllingers von „Linksextremismus, Gewalt und Linksterrorismus“. Einem Mitarbeiter Öllingers wird vorgeworfen, bei dem als linksextremistisch eingestuften „TATblatt“ tätig gewesen zu sein. Leitartikel Seite 35

WISSEN

Der Aufruhr-Versand. Bei dem deutschen Internet-Versandhaus kann man allerlei NS-verherrlichendes Material bestellen: etwa T-Shirts mit dem Aufdruck „Wer A sagt, muss auch DOLF“ sagen, Rudolf-Hess-Buttons, Neonazi-Musik etc.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2009)

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