Maximilian: Das Fiasko des letzten Kaisers von Mexiko

Erzherzog Maximilian (Jürgen Kapaun) und Charlotte (Viktoria Hillisch)
Erzherzog Maximilian (Jürgen Kapaun) und Charlotte (Viktoria Hillisch)(c) ORF
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Er trug Sombrero, förderte die Kunst, unterzeichnete 9000 Todesurteile und wurde standrechtlich erschossen: Der ORF dokumentiert am Freitagabend das Leben von Erzherzog Maximilian.

Es ist der 19. Juni 1867. Am Glockenhügel in Santiago de Querétaro stehen Soldaten bereit. Während ein Trommelwirbel erklingt, legen sie ihre Gewehre an. Die Läufe sind auf einen rotblonden Mann gerichtet, der ihnen entgegenruft: „Ich sterbe für eine gerechte Sache, für ein unabhängiges, freies Mexiko. Mein Blut tilge das Unglück meiner neuen Heimat.“ Dann fallen Schüsse – und Mexiko hat seinen letzten Kaiser verloren: Maximilian.

So beginnt die Dokumentation „Der Traum vom Herrschen“, die am Freitagabend im ORF das Leben des österreichischen Erzherzogs zeigt – mit prächtigen Bildern, Originaldokumenten, aber auch teils eher aufgesetzten Dialogen. So belehrt der kleine Franz Joseph seinen jüngeren Bruder gleich am Beginn der 45-minütigen Verfilmung: „Ich bin der Kaiser und der Erstgeborene.“ Dann nimmt er ihm die Krone ab, die sich der Zweitgeborene im Spiel auf den Kopf gesetzt hatte. Ein weiterer folgt, als der an Naturwissenschaften interessierte Maximilian nach Belgien reist, um dort auf seine zukünftige Gattin, Prinzessin Charlotte, zu treffen. „Ich habe viel von Ihnen gehört“, flüstert ihm diese auf Französisch zu. „Ich hoffe, nur Gutes“, antwortet er. „Natürlich, Sie haben unglaubliche Augen.“

Der jugendliche Maximilian interessiert sich für die Naturwissenschaften.
Der jugendliche Maximilian interessiert sich für die Naturwissenschaften.(c) ORF

Neben nachgespielten Szenen werden Originaldokumente gezeigt – etwa der in sechsmonatiger Arbeit angefertigte Heiratsvertrag. Immer wieder bezieht auch Maximilians Ururgroßneffe, Georg Habsburg, Stellung. So erläutert er etwa die Rollenverteilung zwischen den Brüdern: „Der Ältere hat andere Möglichkeiten, aber er hat sehr viel mehr Verantwortung. Der jüngere Bruder hat sehr viel mehr Freiraum, er kann selbst mehr gestalten.“

Vom Mittelmeer in den Hexenkessel

Als Franz Joseph 1848 mit 18 Jahren zum Monarchen aufsteigt, gestattet er Maximilian die Kriegsmarine zu modernisieren. Dieser lässt Schiffe nach englischem Vorbild bauen, gibt Exkursionen in Auftrag und wird zum Konteradmiral ernannt. Mit 24 Jahren reist Maximilian nach Paris, wo er auf Napoléon III. trifft, dessen Charme er verfällt. Doch für nähere Bande bleibt vorerst keine Gelegenheit. Vielmehr konzentriert sich der Herrschersohn darauf, bei Triest, ein Schloss zu errichten: Miramar. Er wird Generalgouverneur von Lombardo-Venetien – und versagt. Die Lombardei geht 1859 verloren und Maximilian bleibt vorerst nur, von einer bedeutenderen Position zu träumen.

Unterdessen gleicht die Lage in Übersee einem Hexenkessel: Seit 1859 tobt in Mexiko ein Bürgerkrieg. Liberale und Klerikale bekämpften einander, bis Benito Juarez, Führer der Liberalen, die Oberhand gewinnt – und sich zum unumschränkten Diktator ausrufen lässt. Als er sich weigert, die Staatsschulden an Frankreich zu begleichen, antwortet Napoléon III. militärisch. Im Oktober 1863 bietet er Maximilian die mexikanische Kaiserkrone an. Der Habsburger schlägt das Angebot zunächst aus. Erst auf Drängen seiner Frau Charlotte und als ihm Napoléon III. gefälschte Unterlagen zeigt, die vorgeben, das Volk wolle Maximilian als Herrscher, willigt er ein.

Ankunft von Kaiser Maximilian von Mexiko und seiner Frau Charlotte in Vera Cruz
Ankunft von Kaiser Maximilian von Mexiko und seiner Frau Charlotte in Vera Cruz(c) ORF (Museo del la Intervention)

Maximilian glaubt an ein mexikanisches Schönbrunn, an liberale Reformen, eine aufgeklärte Monarchie. Noch vor seiner Ankunft entwirft er Gardeuniformen, einen Verfassungstext und bietet Juarez brieflich einen Ministerposten an. Dieser schlägt aus - und Maximilian ein rauer Wind entgegen, als er sechs Wochen später Mexiko betritt. Keine jubelnden Massen, kein festlicher Palast erwarten ihn, dafür Wanzen und verfallendes Gemäuer. „Er kommt in ein Land, das in sich zerrissen ist und von ausländischen Truppen besetzt ist“, sagt die mexikanische Historikerin Ruben Ruiz Guerra in der Dokumentation. „Und diese Truppen haben alle Mühe, auch nur Teile des Landes zu beherrschen.“

Schmetterlinge, Flucht und Verrat

Doch Maximilian gibt seinen Traum nicht auf. Mit Pferd und Sombrero durchstreift er das Land, setzt sich für die Indios ein, fördert die Kunst, eröffnet Schulen – und macht sich den Klerus zum Feind. Nach zwei Jahren ist die finanzielle und militärische Lage prekärer denn je. Die Republikaner sind am Vormarsch, der Druck wächst. Maximilian ringt sich zu einem Dekret durch, wonach alle Anhänger von Juarez als Räuber geächtet werden und ohne Gerichtsurteil getötet werden dürfen. Rund 9000 Todesurteile werden fortan in Maximilians Namen vollstreckt.

Maximilian bereist sein Land zu Pferd.
Maximilian bereist sein Land zu Pferd.(c) ORF

Napoléon III. fordert Maximilians Rücktritt, Charlotte hält ihn davon ab, reist nach Frankreich. „Abdanken, das darf nur ein Greis oder ein Irrer“, schreibt sie in ihrem Abschiedsbrief. Umstimmen kann sie Napoléon dennoch nicht – und verfällt dem Wahnsinn. Indes wächst der Druck auf den Habsburger. Die USA lassen Truppen an der mexikanischen Grenze aufmarschieren und Waffen an Juarez liefern. Maximilian zieht in die befestigte Stadt Querétaro, während Juarez in die Hauptstadt einzieht und sich das Gerücht verbreitet, Maximilian verstehe sich nur im Beobachten von Schmetterlingen. Im Mai 1867 wird Maximilian verraten, verhaftet und zum Tod durch Erschießen verurteilt. Der 35-Jährige reagiert gelassen: „Lassen Sie nur gute Schützen für die Hinrichtung auswählen", bittet er. "Sie sollen nicht auf meinen Kopf schießen, sondern mein Herz gut und sicher treffen.“ Am 19. Juni 1867 wird das Urteil vollstreckt.

„Maximilian hatte ein großes Verantwortungsbewusstsein“, analysiert Habsburg im ORF. „Aber er hatte nach Mexiko wohl auch die Mentalität mitgenommen, dass ein Kapitän das Schiff nicht verlässt, wenn es in Seenot gerät - und auch nicht, wenn es untergeht.“

Heute ist sein Grab in der Kapuzinergruft eine Gedenkstätte, das Schloss Miramar beliebtes Touristenziel. Mexiko bescherte sein Tod 50 Jahre des Friedens und der Unabhängigkeit.

Filmhinweis

Maximilian von Mexiko – Der Traum vom Herrschen
Freitag, 12. Dezember
22:45 Uhr, ORF 2 (Universum History)

Gestaltung: Franz Leopold Schmelzer
Maximilian: Jürgen Kapaun
Charlotte: Viktoria Hillisch
Franz Joseph: Christian Krall
Napoléon: Dan Badarau
Benito Juarez: Alberto Acosta

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