Die Änderungen im Asylwesen werden für die SPÖ zum Balanceakt zwischen Koalitionsräson und linkem Parteiflügel. Der Innenministerin reißt langsam der Geduldsfaden.
Wien. So ein Ministerleben ist auch an einem Faschingsdienstag nicht immer lustig. Jetzt gehe man schon in die dritte Woche, in der sich die SPÖ Zeit nehme für ihre Bedenken zur Neuregelung des Asyl- und Fremdenrechts: Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) formulierte am Rande des Ministerrats unüberhörbar spitz in Richtung des Koalitionspartners, weil sie ihre geplante Gesetzesvorlage samt Asylschnellverfahren lieber heute als morgen in Begutachtung schicken möchte. „Es hat alles Hand und Fuß“, schnaubte die ÖVP-Politikerin forsch zu Einwänden auch von Nichtregierungsorganisationen. Sie möchte vermeiden, dass der Beschluss und damit die rechtzeitige Umsetzung ab dem Sommer verzögert werden: „Jetzt geht es ums Tempo.“
Der Mann, der die Nerven der Innenministerin zusehends strapaziert, ist ihr Verhandlungsgegenüber bei der SPÖ, Verteidigungsminister Gerald Klug. Während Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzender Werner Faymann schon nach Sitzungen der Parteigremien Anfang Februar grünes Licht für Asyl-Eilverfahren für Personen, die aus der Sicht Österreichs aus sicheren Staaten wie dem Kosovo kommen, signalisiert hat, breitete der Verteidigungsminister kurz vor dem Erscheinen der Innenministerin im Steinsaal des Bundeskanzleramtes nochmals seine Vorbehalte in aller Form aus: „Raschere Verfahren bringen für alle Beteiligten nur Vorteile“, meinte er.
„Zwei Bedingungen“
Er betonte aber auch „zwei Bedingungen“: Zum einen müsse die bisherige Qualität gewährleistet bleiben. Zum anderen sollen die Verfahren auf rechtsstaatlich fundierten Säulen stehen. Wenig begeistert ist Klug jedenfalls von der Reform der Rechtsberatung, die das Innenressort anstrebt: Künftig soll diese auch von einem ministeriumsnahen Unternehmen durchgeführt werden. „Ich bin mehr als skeptisch, ob wir die Beratung in dieser Form aufstellen sollen“, meinte der Verteidigungsminister.
Während die Innenministerin unter dem Druck der Länder steht, die kaum nachkommen, die Asylwerber unterzubringen, geht es für die SPÖ um einen Balanceakt, bei dem der linke Parteiflügel, der mit Verschärfungen für Asylsuchende keine Freude hat, nicht vergrault wird.
Treffen mit dem Caritas-Chef
Für den Dienstagnachmittag war außerdem ein Treffen Klugs mit einem der Hauptkritiker der Pläne von Mikl-Leitner, Caritas-Präsident Michael Landau, vorgesehen. Hingegen war im Laufe des Dienstags ein Termin für ein offizielles Gespräch des Heeres- mit der Innenministerin noch immer ausständig. Vorerst hieß es nur, dass es in den nächsten Tagen dazu kommen soll.
Bis Donnerstag weilt Klug allerdings im lettischen Riga beim informellen Verteidigungsministertreffen. Und auch Mikl-Leitner ist ab heute, Donnerstag, für drei Tage in der Balkanregion unterwegs. Ihr Ziel: Der Ansturm von Asylwerbern soll gebremst werden. Dafür startet Mikl-Leitner an Ort und Stelle eine Kampagne, die Asylsuchende – vor allem aus dem Kosovo – von ihrer Ausreise abhalten soll.
Die Innenministerin wird aus Koalitionsräson jedenfalls die Aussprache mit dem Verteidigungsminister abwarten – scharrt aber wegen der Begutachtung bereits in den Startlöchern. Notfalls wird die Begutachtungsfrist gekürzt, um einen möglichst raschen Beschluss der Neuregelungen im Asyl- und Fremdenrecht sicherzustellen, wie die Ministerin am Dienstag der „Presse“ erläuterte.
Am Mittwoch kommender Woche wird sie jedenfalls die Landeshauptleute, die am 25.Februar zu einer Sondersitzung wegen der Asylproblematik im Palais Niederösterreich in Wien zusammengerufen werden, über die ab Sommer fix geplanten Änderungen unterrichten.
AUF EINEN BLICK
Bis zum Sommer will Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ihre geplante Reform des Asylwesens umsetzen: Unter anderem sollen bestimmte Asylverfahren innerhalb von zehn Tagen erledigt werden. Verteidigungsminister und Chefverhandler auf SPÖ-Seite, Gerald Klug, sieht allerdings einige Punkte der ÖVP-Pläne „mehr als skeptisch“. In den nächsten Tagen wollen die beiden Minister verhandeln.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2015)