Mischfonds: Aktieninvestments mit Airbag

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Angesichts rekordtiefer Zinsen und der langjährigen Börsenrallye überlassen Anleger immer öfter einem Mischfonds die knifflige Aufgabe der richtigen Vermögensaufteilung.

Wien. Die jüngsten Zahlen vom US-Finanzdatenanbieter Morningstar sprechen eine klare Sprache: Allein in Europa deuten sie auf anhaltende Zuflüsse in sogenannte Mischfonds hin. Diese haben freie Hand über die Aufteilung des Vermögens auf unterschiedliche Anlageklassen. Ganze 140 Mrd. Euro an Nettozuflüssen waren es in den vergangenen zwölf Monaten, knapp mehr als beim zweitplatzierten Sektor, den Rentenfonds.

Doch der aktuelle Trend verwundert kaum. Dank einer lockeren Geldpolitik zahlreicher Notenbanken, vor allem der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie der Bank of Japan, verharren die Zinsen zumindest in den Industrienationen auf einem rekordtiefen Niveau. Das treibt in Folge wiederum die Aktienmärkte kräftig an, schließlich sind die Alternativen dünn gesät, denn eine vernünftige Rentenanlage zumindest bei sicheren Emittenten ist kaum noch möglich. Und das macht inzwischen eine Geldveranlagung umso schwieriger, zumal immer mehr Experten zumindest mit einer zwischenzeitlichen Korrektur rechnen– die durchaus bis zu zehn Prozent ausmachen kann. Kein Wunder, dass immer mehr Anleger die Wahl der richtigen Anlageklassen einem Multi-Asset-Manager, wie die Verwalter von den zahlreichen Mischfonds im englischen Fachjargon auch genannt werden, überlassen möchten.

Anleihen als Sicherheitspuffer

Allein, wer dabei auf weitere Chancen an den globalen Börsen trotzdem nicht verzichten möchte, sollte einen näheren Blick auf offensiv bzw. aggressiv ausgerichtete Mischfonds werfen. Sie können nämlich im Gegensatz zu ausgewogenen oder konservativen Pendants den Schieberegler kräftig in Richtung Aktien drehen, wenn sie diese Assetklasse besonders optimistisch einschätzen. Zusätzlich wird aber auch ein Sicherheitspuffer, meist in Form von Anleihen und Cash, aufgebaut. Das soll die Rückschläge an den Aktienmärkten zumindest abfedern. Insgesamt ist die genaue Aufteilung ein Prozess, bei dem es ein laufendes „Finetuning“ gibt. Doch genau dafür werden Multi-Asset-Manager ja schließlich auch bezahlt.

Wie das in der Praxis letztendlich aussieht? Beim Kepler Mix Dynamisch der Kepler KAG hat Fondsmanagerin Marina Kamleitner den Aktienanteil derzeit auf rund 75 Prozent gewichtet – wobei die mögliche Bandbreite in diesem Fonds insgesamt zwischen 70 und 90 Prozent liegt. „Aktuell herrscht aber große Euphorie, obwohl sich die Märkte bereits gut entwickelt haben“, begründet Kamleitner ihre leichte Zurückhaltung. Und weil eben auch die Marktpsychologie eine wichtige Rolle bei der Anlageentscheidung spiele, habe man vor rund einem Monat die Aktienquote zurückgefahren.

Doch auch in der „Pufferzone“ – dem Rentenanteil – lehnt man sich nicht einfach zurück. Kemleitner zeigt dabei auf: „Hier investieren wir nicht nur in sichere Staatsanleihen. Zuletzt haben wir beispielsweise bei inflationsindexierten Anleihen aufgestockt.“ Sie seien aktuell günstig bewertet, gerade aufgrund der niedrigen Inflationserwartung, die derzeit am Markt vorherrscht, so die Begründung. Wann genau man hingegen die Aktienquote im Kepler-Fonds wieder hochfahren werde, lasse sich nicht genau abschätzen.

Wobei alle Multi-Asset-Manager vor dieser Herausforderung stehen. Doch beschwichtigen möchte man nichts. Matthias Hoppe, Fondsmanager des Franklin Strategic Dynamic Fund, unterstreicht: „Den exakten Wendepunkt erwischt man tatsächlich nicht immer genau. Allerdings geht es im Portfolio ja viel mehr um eine vernünftige Diversifikation.“ Ein wesentlicher Grund, weshalb Franklin-Experte Hoppe auch nicht die volle Aktienquote von 100 Prozent ausnutzen möchte. In optimistischen Phasen beträgt diese bestenfalls 85 Prozent.

Absicherungsderivate eingesetzt

Dennoch, auch Hoppe gibt sich derzeit bei den Aktien ein wenig vorsichtig. Deshalb hat der Dynamic-Manager aktuell die Aktienquote ebenfalls auf rund 75 Prozent reduziert. „Sollten die Märkte dann auch noch besonders kräftig fallen, kommen spezielle Absicherungsderivate, sogenannte Put-Optionen, zum Einsatz.“ Diese habe man aktuell günstig kaufen können, da sich derzeit an den Märkten die Kursschwankungen noch in engen Grenzen halten. Wittert Hoppe hingegen kurzfristige Kurschancen bei den Aktien, könnten sie durchaus auch mal mit passiven Indexfonds, sogenannten ETFs, abgedeckt werden. Weil bei diesen Produkten keine aktiven – und damit teureren– Managemententscheidungen einfließen, kosten sie in der Regel auch weniger als aktiv gemanagte Fonds. Und sie sind laufend an der Börse handelbar.

DWS-Top-Portfolio-Offensiv-Fondsmanager Gerrit Rohleder setzt die Aktien zuerst einem genauen Screening aus, bevor der Experte seine Investmententscheidung trifft: „Schließlich bewegen sich nicht alle Titel stets im Einklang“, beschreibt Rohleder seinen Ansatz. Grundsätzlich kann hier die Aktienquote zwischen 60 bis 100 Prozent variieren. Doch auch Rohleder lässt im Moment lieber ein wenig Vorsicht bei der Aktienquote walten: „Eine Korrektur ist inzwischen nicht mehr auszuschließen.“ Trotzdem wittert der Deutsche AWM-Experte aktuell interessante Chancen, derzeit etwa bei europäischen sowie japanischen Aktien. „Letztere Region wurde lange vernachlässigt.“ Ein Grund, weshalb zu den Top-Fondswerten japanische Bier- und Transportaktien zählen.

Im Rentenanteil hält Rohleder nebst einem Anteil in Staatsanleihen zusätzlich eine Beimischung an Hochzins- und Unternehmensanleihen sowie Schuldverschreibungen aus den Schwellenländern. Selbst Rohstoffe können beigemischt werden, wie etwa auch im Franklin-Fonds: „Derzeit sind wir aber negativ für Rohstoffe eingestellt“, meint Hoppe. Dennoch sollten Anleger laut Doris Kals, Fondsmanagerin des Allianz Invest Dynamisch, eines beachten: „Gerade bei der dynamischen Variante empfiehlt sich ein Anlagehorizont von mindestens fünf bis zehn Jahren.“ Schließlich sind auch die Mischfonds vor turbulenten Zeiten und damit zwischenzeitlichen Schwankungen nicht gefeit. [ iStockphpto]

Was Sie beachten sollten bei ... der Fondsauswahl

Tipp 1

Kategorie. Anleihenfonds (auch: Rentenfonds) investieren in Anleihen, Aktienfonds in Aktien, Mischfonds in beides. Letztere bieten die größte Risikostreuung. Doch auch unter den Aktien- und Rentenfonds gibt es solche, die breit in alle Regionen und Branchen investieren, und solche mit sehr speziellem Themenfokus (etwa Ökologie oder Biotechnologie). Wer genug Geld hat, kann einen Teil davon in Themenfonds stecken. Wer nur wenig Geld hat, sollte den Mischfonds den Vorzug geben.

Tipp 2

Streuung. Die Aufgabe der Diversifikation sollte eigentlich der Fonds übernehmen. Das Vermögen zwecks Streuung auf drei gleichartige Fonds (etwa drei Österreich-Aktienfonds) zu übertragen, ist daher wenig sinnvoll. Wer viel Geld hat, kann es allerdings auf verschiedene Arten von Fonds verteilen (etwa Aktienfonds mit Europa-, Japan- oder Schwellenländer-Schwerpunkt, Rentenfonds mit Schwerpunkt inflationsgebundene Anleihen oder High-Yield-Bonds).

Tipp 3

Flexibilität. Mischfonds können ihren Aktien- oder Anleihenanteil variieren. Je größer die vorgegebene Bandbreite, desto flexibler kann der Fonds auf veränderte Marktsituationen reagieren. Manche Anleger wollen allerdings nicht, dass die Aktienquote einen bestimmten Prozentsatz übersteigt. Sie können zu einem Produkt greifen, bei dem es eine klare Obergrenze für den Aktienanteil gibt. Details entnimmt man dem Prospekt oder dem KIID (Key Investor Information Document).

Tipp 4

KIID. Das Key Investor Information Document gibt Auskunft über die Anlagestrategie des Fonds sowie das Risiko-Ertrags-Profil: Je höher die Kennziffer von 1 bis 7 ist, desto höher ist das Risiko, desto größer sollten aber auch die Ertragschancen ausfallen. Dabei wird meist auf die Erfahrungen in der Vergangenheit Bezug genommen. Weiters wird über mögliche Risken, den Ausgabeaufschlag, laufende Kosten und die Performance der Vergangenheit informiert.

Tipp 5

Management. Aktiv gemanagte Fonds haben einen Fondsmanager, für den laufende Gebühren anfallen, die die Rendite schmälern. Manchmal ist die gebotene Dienstleistung dieses Geld wert, manchmal nicht. Wer glaubt, dass es ohnehin nur Zufall ist, ob ein Fondsmanager den allgemeinen Markt schlagen kann oder nicht, kann auch einen ETF (Exchange Traded Fund) kaufen. Solche Produkte werden nicht aktiv gemanagt, sondern bilden einfach einen Index nach.

Tipp 6

Steuern. Für Ausschüttungen (Dividenden, Zinsen) von Fonds zahlt der Anleger 25 Prozent Kapitalertragssteuer. Behält der Fonds die Dividenden ein oder realisiert er Kursgewinne, fällt zunächst auf Fondsebene ein Teil der Kapitalertragsteuer (15 Prozent des Gewinns) an. Fonds können, anders als Privatanleger, Gewinne und Verluste aus verschiedenen Jahren ausgleichen. Verkauft der Anleger den Anteil, wird der andere Teil der Kapitalertragssteuer (zehn Prozent) fällig.

Tipp 7

Sondervermögen. Bei einem Fonds handelt es sich um ein Sondervermögen. Geht die Kapitalanlagegesellschaft, die den Fonds aufgelegt

hat, pleite, ist das Geld der Anleger sicher. Das unterscheidet Fonds etwa von Zertifikaten, bei denen man ein Emittentenrisiko (Risiko, dass der

Emittent pleitegeht) eingeht. Das bedeutet jedoch nicht, dass man mit Fonds kein Geld verlieren könnte: Fallen die Wertpapiere im Fonds, verlieren auch die Fondsanteile an Wert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2015)

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