Infiniti Q50: Keine Kinderjause für Neueinsteiger

Infiniti Q50
Infiniti Q50(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Infiniti macht Freunden der gehobenen Mittelklasse ein Angebot, allerdings kein günstiges: Der Q50 soll sich als schillernde Alternative zu Audi A4, BMW 3er und Mercedes C-Klasse etablieren.

Es erfordert zugegebenermaßen Courage, in die Phalanx der deutschen Premiumanbieter in dem Segment eindringen zu wollen. Zumal Infiniti seiner Limousine keinen Kombi zur Seite stellt – was in Asien und den USA niemanden stört, bei uns aber fast einen Ausschließungsgrund darstellt.

Umso gespannter ist man, was der Q50 so alles an Argumenten versammelt, um gegen Audi A4, 3er-BMW und Mercedes C-Klasse zu stechen. Zunächst nicht allzu viel Auswahl bei der Motorisierung: Es gibt einen Benziner, einen Diesel und einen etwas gar üppig angelegten Hybriden mit 3,5-Liter-V6 und 364 PS Systemleistung.

Mercedes-Niveau im Antrieb immerhin ist gegeben: Diesel und Benziner samt Siebenstufenautomatik stammen von ebendort. Der 2,0-Liter-Turbo mit 211 PS wird bei Mercedes unter anderem als C250 feilgeboten. Bevor wir nun den Startknopf drücken und losbrausen, noch ein kurzer Rundgang. Hier kann der Infiniti vorab punkten: Die auf 4,8 Metern Länge ausgefaltete Limousine (C-Klasse: 4,7 m) ist interessant gezeichnet, auch wirkt sie kompakter, als sie ist.

Reizvolles Detail ist der in Chrom gehaltene Umkehrschwung der Fensterlinie am Fuß der hinteren Dachsäulen, bei BMW traditionell Hofmeisterknick genannt.

Die Opulenz der Außenabmessungen verwandelt sich leider nicht in einen Eindruck von Geräumigkeit an Bord. Die coupéhafte Linienführung verlangt auch ihre Opfer beim etwas verstellten Einstieg in den Fond.

Als eher schlicht ausgeführte Bühne des Bordsystems wurden zwei gleich große Bildschirme mittig übereinandergetürmt – die Redundanz mit Bedienung sowohl über Touchscreen als auch Dreh-und-Drück-Rädchen (plus Spracheingabe) sehen wir eher als Unentschiedenheit denn als willkommene Erweiterung der Optionen.

Im Innenraum sind gegenüber den gut eingespielten Konkurrenten – man denke nur, wie ausgefeilt sich BMWs iDrive seit einiger Zeit bedienen lässt – keine Punkte zu holen. Fahrerisch? Ein aufgeweckter Benziner mit geschmeidiger Automatik ist uns immer willkommen. Weil der Q50 mit fast 1,7 Tonnen aber deutlich schwerer als die C-Klasse ist, darf man sich kaum überlegene Fahrleistungen bei gleicher Motorisierung erwarten. Das gilt für die Fahrdynamik generell. Die Lenkung mit Drive-by-wire-System bietet keinen fühlbaren Vorteil (und auch sonst keinen, da ohnehin auch konventionell ausgeführt). Bleibt der Reiz des Exoten.

Schierer Marken-Appeal ist immer noch die Stärke der erwähnten Konkurrenz, und gleichzeitig die Schwäche des asiatischen Herausforderers, der landläufig als Edel-Nissan rennt. Weil es den Q50 2.0t (ab 43.627 Euro) aber auch nicht erkennbar günstiger gibt, müsste bei Infiniti jedes verkaufte Exemplar gefeiert werden. Es bedarf doch wesentlich mehr Anstrengung. tiv

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2015)

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