Damals schrieb Versuchte Vertuschung

29. März 1865. Aus Ragh-Szent-Miklosberichtet man dem „Szegedi Hirado“ folgenden Vorfall, der die ganze Stadt in fieberhafte Aufregung brachte: Bei einem Kaufmann war ein dreizehnjähriger Knabe als Lehrling angestellt, der wegen seines sanften Betragens bekannt war. Am verflossenen Dienstag stürzte der Kaufmann plötzlich aus dem Gewölb auf die Gasse und erzählte mit Entsetzen, daß der Knabe sich im Gewölbe erhenkt habe. Man trug den Leichnam in die Stube und der herbeigeholte Arzt erklärte, daß der Knabe, in Folge des Erhenkens gestorben sei, und die angebliche Obduction ergab dasselbe Resultat, worauf der Knabe ohne Ceremonien außerhalb des Friedhofes bestattet wurde.

Den inzwischen angelangten Vater desselben machte man aufmerksam, daß der Kaufmann reizbar, leicht in Wuth gerathe, ein grausames Naturell besitze und den Knaben öfters geschlagen habe. Der Vater sah sich veranlaßt, nach Groß-Becskerek zu gehen und eine amtliche Untersuchung zu verlangen. Das Gericht ließ den Leichnam des Knaben exhumiren, und es stellte sich heraus, daß derselbe nicht obducirt worden. Bei näherer Untersuchung fand man unter den Haaren am Kopf eine tiefe Wunde und am Körper mehrere, von schweren Streichen herrührende Flecken; kurz, es stellte sich heraus, daß der Kaufmann den Knaben erschlagen, und um den Verdacht vonsich abzuwenden, dann selbst aufgehenkt habe. Die weiteren Resultate der Untersuchung werden noch erwartet. ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.