Der 93-jährige Angeklagte erschien vergangene Woche nicht zum Prozess, nun liegt eine ärztliche Stellungnahme vor.
Der deutsche Auschwitz-Prozess gegen den ehemaligen SS-Mann Oskar Gröning kann fortgesetzt werden. Das teilte eine Sprecherin des Landgerichts Lüneburg am Montag mit. Das Verfahren war am Donnerstag unterbrochen worden, weil der 93-jährige Angeklagte aus gesundheitlichen Gründen nicht erschienen war.
Nach der mittlerweile vorliegenden ärztlichen Stellungnahme des vom Gericht beauftragten Sachverständigen könne die Hauptverhandlung gegen Gröning an diesem Dienstag aber wie geplant fortgesetzt werden, hieß es am Montag.
Der ehemalige Waffen-SS-Angehörige Gröning ist angeklagt, als Mitglied der Verwaltung des Konzentrations- und Vernichtungslagerkomplexes von Auschwitz während des Zweiten Weltkriegs am Holocaust mitgewirkt zu haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Beihilfe zum Mord in mindestens 300.000 Fällen vor, weil er im Frühsommer 1944 während der sogenannten Ungarn-Aktion das Geld der getöteten jüdischen Opfer verbucht sowie bei einigen Gelegenheiten deren Gepäck bewacht haben soll. Er wird daher auch "Buchhalter von Auschwitz" genannt.
Gröning hatte zum Prozessauftakt ausführlich zu seiner Zeit in Auschwitz ausgesagt und sein Wissen über den dort verübten Völkermord eingeräumt. Er fühle sich "moralisch mitschuldig" am damaligen Tod von Millionen Menschen. Eine eigene strafrechtliche Schuld räumte der Rentner aber ausdrücklich nicht ein.
"Es war kein Wachtraum, ein lebender Toter stand mir gegenüber. Hinter ihm waren im nebligen Dunkel Dutzende anderer Schattenwesen zu erahnen, lebende Skelette." Als die ersten sowjetischen Soldaten am frühen Nachmittag des 27. Jänner 1945 das KZ Auschwitz erreichen, bietet sich ihnen ein Bild des Grauens. Wie der Soldat Jakow Wintschenko später schildern wird, sind sie darauf nicht vorbereitet: "Wir fragten uns, wozu all die Baracken, die Schornsteine und die Räume mit den Duschen gedient hatten, die einen seltsamen Geruch verströmten. Ich dachte an ein paar Tausend Tote – nicht an Zyklon B und das Ende der Menschlichkeit." (c) imago stock&people (imago stock&people) Im größten Vernichtungslager der Nationalsozialisten wurden mehr als eine Million Menschen ermordet. Nur etwa 7000 Menschen erlebten die Befreiung des Lagers. (c) imago/ZUMA/Keystone (imago stock&people) April 1940: SS-Chef Heinrich Himmler ordnet den Bau eines KZ in der besetzten südpolnischen Stadt Oswiecim an. Auschwitz ist zunächst als Lager für Polen gedacht, die sich der Besatzungsmacht widersetzen. Am 14. Juni 1940 trifft der erste Transport mit 728 politischen Häftlingen ein.Im Herbst 1941 wird im benachbarten Dorf Birkenau (Brzezinka) mit dem Bau eines zweiten Lagers begonnen. Der Komplex umfasst schließlich drei Haupt- und 48 Nebenlager. Auschwitz-Birkenau allein hat eine Höchstbelegung von etwa 100.000 Menschen. (c) imago stock&people (imago stock&people) Im September 1941 wird dort erstmals das Gas Zyklon B zur Tötung von sowjetischen Kriegsgefangenen eingesetzt. Lagerkommandant Rudolf Höß schreibt später in Haft eine Autobiografie: "Ich muß offen sagen, auf mich wirkte diese Vergasung beruhigend, da ja in absehbarer Zeit mit der Massenvernichtung der Juden begonnen werden mußte, und noch war weder Eichmann (Adolf, Leiter des Referats für „Juden- und Räumungsangelegenheiten“, Anm.) noch mir die Art der Tötung dieser zu erwartenden Massen klar. Durch Gas sollte es wohl sein, aber wie und was für ein Gas? Nun hatten wir das Gas und auch den Vorgang entdeckt." Im Sommer 1942 beginnt die Massenvernichtung von Juden durch Zyklon B. (c) imago stock&people (imago stock&people) Zusammengepfercht in Viehwaggons, oft nach tagelanger Fahrt ohne Nahrung, kommen die Opfer in Auschwitz an. Direkt an der Rampe werden sie von Ärzten „selektiert“: „Arbeitsfähige zur Zwangsarbeit - Kinder, Alte und Kranke zum Tod in die als Duschräume getarnten Gaskammern. Häftlinge müssen die Leichen in den Krematorien oder im Freien verbrennen. Tag und Nacht steigt Rauch über dem Lager auf. Das größte Krematorium in Auschwitz hat eine „Verbrennungskapazität von circa 2000 Leichen in 24 Stunden“. (c) imago stock&people (imago stock&people) Von den Gefangenen, die nicht sofort getötet werden, stirbt ein großer Teil durch Krankheit, Hunger, Folter, Kälte oder Exekution.Die meisten der Opfer sind Juden aus dem von Nazi-Deutschland besetzten Europa, davon schätzungsweise 11.000 aus Österreich. Außerdem werden rund 70.000 nicht-jüdische Polen, 21.000 Roma und Sinti, 15.000 sowjetische Kriegsgefangene und Gefangene vieler anderer Nationen ermordet. (c) imago stock&people (imago stock&people) Während die Menschen im Lager ermordet und gefoltert werden, entspannen sich rund 30 Kilometer entfernt SS-Offiziere mit ihren Familien im SS-Erholungsheim Solahütte. (c) EPA (U.s. Holocaust Memorial Museum /) Im Oktober 1944 zerstören Gefangene bei einem Aufstand eines der Krematorien. Der anschließende Fluchtversuch von etwa 250 Häftlingen scheitert, –alle werden getötet.>> "Mit nichts einen Aufstand gemacht" (c) Ho New / Reuters Im Winter 1944/1945 rücken die sowjetischen Truppen immer näher. Die Nazis versuchen nun, ihre Spuren zu verwischen. Sie zerstören in Auschwitz Gaskammern und Krematorien und treiben die Gefangenen, die noch gehen können, in Todesmärschen nach Westen. (c) imago/United Archives Internatio (imago stock&people) Als die Sowjettruppen Auschwitz erreichen, finden sie hinter dem Stacheldraht Berge von Leichen und nur wenige Überlebende. Für die Schwächsten unter ihnen kommt jede Hilfe zu spät, sie starben in den Tagen nach der Befreiung an Krankheit oder Unterernährung.>> Bericht eines Überlebenden: "Bei Befreiung wog ich 37 Kilo" (c) Ho New / Reuters Über eine Million Kleidungsstücke, 80.000 Schuhe und sieben Tonnen Menschenhaar lassen die sowjetischen Soldaten die Dimensionen der Vernichtung erahnen. (c) EPA (Wiener Library) Lagerkommandant Höß wird am 2. April 1947 in Warschau zum Tode verurteilt und 14 Tage später vor seiner ehemaligen Residenz in Auschwitz gehängt. (c) imago stock&people (imago stock&people) Im selben Jahr entsteht im ehemaligen KZ eine Gedenkstätte. "Dieser Ort sei allezeit ein Aufschrei der Verzweiflung und Mahnung an die Menschheit", heißt es auf einem der Denkmäler. Bei Jüngeren kommt diese Mahnung offenbar immer weniger an: In einer Umfrage im Jahr 2012 konnte jeder Fünfte unter den 18- bis 29-jährigen Deutschen mit dem Begriff "Auschwitz" nichts anfangen.(kron) (c) REUTERS (IREK DOROZANSKI) Auschwitz-Befreiung: ''Es war kein Wachtraum'' (APA/AFP)
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