Hundstorfer für "Überstunden-Euro"

MINISTERRAT: HUNDSTORFER
MINISTERRAT: HUNDSTORFERAPA/BKA/REGINA AIGNER
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Für jede Überstunde soll der Arbeitgeber einen Euro zahlen, so der Sozialminister. Im Gegenzug sollen die Krankenversicherungsbeiträge sinken.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) will im Gegenzug zu einer Abgabe auf Überstunden die Lohnnebenkosten senken. Für jede Überstunde soll der Arbeitgeber einen Euro zahlen. Dafür sollen die Krankenversicherungsbeiträge für die Unternehmen von 3,7 auf 3,6 Prozent sinken, sagte Hundstorfer am Sonntag in der ORF-Pressestunde.

Mit dem "Überstunden-Euro" solle ein Anreiz geschaffen werden, die Mehrarbeit auf zusätzliche Mitarbeiter zu verteilen, erklärte Hundstorfer, der mit dieser Maßnahme auf 8.300 neue Arbeitsplätze baut. Es gebe österreichweit 270 Millionen Überstunden, 60 Millionen davon unbezahlt. Der Minister will mit der Abgabe 200 Mio. Euro einsammeln, die in die Sozialversicherung fließen sollen. Es gehe darum, die in Österreich sehr hohe wöchentliche durchschnittliche Arbeitszeit zu senken. Er werde mit diesem Vorschlag an die Wirtschaft herantreten, sagte Hundstorfer. Diese lehnt eine solche Abgabe ab.

Der Sozialminister geht davon aus, dass die derzeitige Rekordarbeitslosigkeit wieder "runterkomme". Er hoffe auf ein "lebendiges Wirtschaftswachstum" in den nächsten zwei, drei Jahren. Ohne Konjunkturaufschwung sei Arbeitsmarktpolitik unmöglich. Steuerreform, Wohnbau-Initiative und Co sollten die Konjunktur anschieben. Hundstorfer verwies auf die letzte kleinere Steuerreform 2009, die die Wirtschaftsleistung um 0,8 Prozent erhöht habe. Die Situation Österreichs sei mit jener in Deutschland, wo die Arbeitslosigkeit zurückgeht, nicht vergleichbar, dort schrumpfe das Arbeitskräfteangebot, außerdem gebe es eine stärkere Binnennachfrage, weil sich die Löhne anders entwickelt hätten.

"Ernsthaft in aller Ruhe" diskutieren will Hundstorfer auch eine Wertschöpfungsabgabe für Unternehmen. Es gehe nicht um mehr Geld, sondern um eine neue Berechnungsbasis, zum Beispiel für den Familienlastenausgleichsfonds. Abschreibungen sollten aus der Berechnung der Abgabe ausgenommen sein.

Bundespräsidentschaft: "Sage nicht Nein"

Hundstorfer schloss nicht aus, für die SPÖ nächstes Jahr ins Rennen um das Amt des Bundespräsidenten zu gehen. "Ich sage nicht Nein", erklärte er. Dazu sei das Amt viel zu wichtig und wertvoll. Gleichzeitig betonte Hundstorfer, dass sich diese Frage derzeit nicht stelle. Die Entscheidung in der SPÖ werde erst im November oder Dezember fallen.

Einen kleinen Seitenhieb auf seinen möglichen ÖVP-Kontrahenten, den Niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll, konnte sich Hundstorfer nicht verkneifen. Eine Wette um Weinflaschen werde er nicht machen, das sei "nicht mein Niveau", sagte der Sozialminister. Pröll hatte dem ZiB2-Moderator Armin Wolf eine Wette um eine "gute Flasche Wein" angeboten.

Erfreut zeigte sich Hundstofer über die bereits zuvor ausgesprochene Unterstützung des burgenländischen Landeshauptmannees Hans Niessl (SPÖ). Auf die Frage, ob er sich eine Kandidatur als Bundespräsident vorstellen könne, sagte Niessl in der Sonntag-Ausgabe des "Kurier": "Nein, nein. Ich denke, Sozialminister Rudi Hundstorfer wäre ein sehr guter Kandidat. Wenn er ja sagt, hat er meine Unterstützung."

Kritik an Hundstorfer

Industriellenvereinigung (IV), Wirtschaftskammer und ÖVP-Wirtschaftsbund sowie die Oppositionsparteien FPÖ, Grüne, Neos und Team Stronach haben Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) am Sonntag für dessen Pläne eines Überstunden-Euros und einer Wertschöpfungsabgabe kritisiert. Damit werde die Wirtschaft zusätzlich belastet, so der Tenor auf Hundstorfers Vorstoß in der ORF-Pressestunde.

Wirtschaftsbund-Generalsekretär und ÖVP-Wirtschaftssprecher, Peter Haubner, sagte, die Ruhe des Sozialministers angesichts der steigenden Arbeitslosenzahlen sei "verblüffend". Er forderte Hundstorfer zum Handeln auf, die Wirtschaft dürfe aber nicht zur Kasse geben werden. Auch der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer, lehnt eine Belastung für Unternehmen ab. "Das Motto 'Wie bestrafe ich die Wirtschaft?', nach dem da gedacht wird, ist weder sozial noch gerecht und auch nicht zielführend", erklärte Wirtschaftskammer-Generalsekretärin Anna-Maria Hochhauser in einer Aussendung.

Die Freiheitlichen sehen in Hundstorfer "die personifizierte Bankrotterklärung sozialistischer Arbeitsmarktpolitik", wie FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl mitteilte. Für die Grünen ist es "retro zum Quadrat", im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit nur auf Wirtschaftswachstum zu setzen, sagte die Grüne Arbeitnehmersprecherin Birgit Schatz. Der Überstunden-Euro sei nur "nice to have". Für Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker bleibe Österreich mit Hundstorfers "Stillstand-Politik" weiter auf der "Verliererstraße". Team-Stronach-Klubobfrau Waltraud Dietrich nannte den Überstunden-Euro eine "Milchmädchenrechnung".

(APA)

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