Agentenaustausch: "Mit einem Schlag von der Allmacht befreit"

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Agentenaustausch: "Mit einem Schlag von der Allmacht befreit"(c) Imago
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Vor 30 Jahren fand auf der Glienicker Brücke zwischen Berlin und Potsdam der größte Agentenaustausch des Kalten Krieges statt. Vor kurzem drehte dort Steven Spielberg.

Ausgerechnet "High Noon", 12 Uhr Mittags, ist es, als sich am 11. Juni 1985 auf der Glienicker Brücke zwischen Berlin und Potsdam zwei verfeindete Gruppen gegenüber stehen. Auf der einen Seite der weißen Linie auf der Mitte der Brücke warten Diplomaten und Geheimdienstler des Westens, auf der anderen Seite ihre Gegenspieler aus dem Osten. Schließlich überqueren der Ostberliner Rechtsanwalt Wolfgang Vogel und US-Unterstaatssekretär Richard Burt die Linie und verkünden 23 aus DDR-Gefängnissen überstellten CIA-Spionen, die in einem Bus an der Brücke warten: Sie sind frei, im Austausch gegen vier Ostagenten. Jubel bricht aus.

Es ist der größte Agentenaustausch des Kalten Krieges, aber nicht der erste auf der "Brücke der Einheit", wie sie seit 1949 hieß. Am 10. Februar 1962 überquerten bereits der US-Pilot Francis Gary Powers und der KGB-Topspion Rudolf Abel die weiße Linie. Danach wurden solche Tauschaktionen zur Routine, meist entschied man sich aber für unauffälligere Orte.

Der Tausch im Juni 1985 betraf dann weit kleinere Fische als Abel und Powers. Unter den 25 freigelassenen Spitzeln  (zwei davon entschieden sich dafür, zunächst in der DDR zu bleiben) war auch der heutige Pensionist Eberhard Fätkenheuer. "An diesem 11. Juni 1985 war ich mit einem Schlag von der Allmacht der Staatssicherheit und der Allmacht des Staates befreit, der mich verurteilt und für sechs Jahre hinter Gefängnismauern gebracht hatte“, erzählte er 2011 dem "Berliner Kurier".

Fätkenheuer war KFZ-Ingenieur, als ihn ein Freund für die CIA anwarb. Stolz zählte er Sowjet-Soldaten und beobachtete Militärtransporte, bis er 1979 verhaftet und zu 13 Jahren Haft verurteilt wurde. In den Jahren hinter Gittern hoffte er stets auf die für den Ernstfall versprochene Befreiung durch die Amerikaner - doch wie sich später herausstellte, führte der zuständige CIA-Mann ihn und andere längst verhaftete Spione noch als aktiv und kassierte deren Spesen.

Dritter Agententausch auf der Brücke 1986

Der dritte Austausch auf der Brücke fand im Februar 1986 statt - dabei überschritt unter anderem der sowjetische Dissident Anatoli Schtscharanski die Brücke, um dessen Freilassung schon seit 1977 gerungen worden war. Es war die letzte Tauschaktion auf der "Agentenbrücke". Nur wenige Jahre später strömten zehntausende Menschen aus beiden Richtungen über die Brücke und feierten den Fall der Mauer.

Die "Agentenbrücke" inspiriert auch Hollywood: Im Oktober startet Steven Spielbergs „Bridge of Spies“ („Brücke der Spione“) mit Tom Hanks in den US-Kinos, der vom Austausch 1962 handelt.

(kron)

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