Mikroorganismen leben oft auch ohne Sauerstoff

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Was verbirgt sich 2466 Meter unter dem Meeresboden? Vom japanischen Forschungsschiff Chikyū aus wurde so tief gebohrt wie noch nie. Entdeckt wurden mit Bewohnern von Waldböden verwandte Kleinstlebewesen.

Wer keinen Sauerstoff bekommt, muss nicht unbedingt ersticken. Winzige Mikroorganismen wie Bakterien leben anaerob, also im sauerstofffreien Raum. Dass sie auch zweieinhalb Kilometer unter dem Meeresboden vorkommen, zeigen die Ergebnisse der Arbeit eines internationalen Forscherteams. Sie wurden kürzlich im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht.

Zwei Monate lang sammelten Wissenschaftler 2012 vor der Küste Japans vom Forschungsschiff Chikyū aus Bodenproben. „Chikyū“ bedeutet Erde, und um diese geht es auf dem 210 Meter langen und 38 Meter breiten Forschungsschiff auch wissenschaftlich: Teil der Ausstattung sind unter anderem Labors mit Mikroskopen und ein Computertomograf. So sind erste Analysen von Gesteinsproben sofort an Bord möglich. Ans Tageslicht befördert werden diese über einen eigenen Bohrturm, mit dem die Forscher alle Rekorde brachen: Im Dienste der Wissenschaft wurde die bis dahin tiefste Bohrung – bis 2466 Meter unter den Meeresboden – durchgeführt.

Bakterien „fressen“ Kohle

Als einzige Österreicherin mit an Bord war Erdölgeologin Doris Groß von der Montanuniversität Leoben. Sie war vor allem für die Bestimmung der Sedimentproben zuständig: Setzen sich diese aus Sand, Ton, Kalk oder Kohle zusammen? Letzteres kann ein Hinweis auf verborgene Bodenschätze sein. Denn: „Wir haben uns gefragt, wovon Mikroorganismen in dieser Tiefe leben, und was sie produzieren“, sagt Groß. Es zeigte sich, dass sie Kohle „fressen“ und dabei dann das Erdgas Methan erzeugen.

Für die Wissenschaftler ist das ein Durchbruch, denn noch nie wurde Leben in so großer Tiefe entdeckt. Die entdeckten Mikroorganismen wiesen laut Meeresforschern Ähnlichkeiten mit Kleinstlebewesen auf, die man sonst in Waldböden findet.

Tatsächlich scheint es sich um die letzten Spuren einst an Land lebender Mikroorganismen zu handeln: Analysen von Pollen und Sporenfunden ergaben, dass einst große Mengen an organischem Material von Landpflanzen in Küstennähe vorhanden gewesen sein dürften.

Im Meer versunken

Die bis zu sieben Meter dicken Kohleablagerungen dürften vor mehr als 20 Millionen Jahren entstanden und später im Meer versunken sein, so Groß. In großer Tiefe ist es übrigens sehr warm: In den kohlehaltigen Schichten unter dem Ozean herrschen Temperaturen von mehr als 50 Grad Celsius. (gral)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2015)

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