Der zurückhaltende Herr Iohannis

Rumänien dümpelt nach der Wahl von Klaus Iohannis zum Staatschef vor sich hin – das liegt auch am Präsidenten.

Seit der unerwarteten Wahl des deutschstämmigen Bürgermeisters von Hermannstadt (Sibiu), Klaus Iohannis, zum Nachfolger Traian Basescus als rumänischer Staatspräsident für mindestens fünf Jahre ist es international still geworden, was Rumänien betrifft.

Iohannis' Widerpart im Kampf um den heiß begehrten Posten des Staatspräsidenten – in Rumänien ähnlich wie in Frankreich und sehr anders als in Österreich die höchste politische Machtposition – Victor Ponta, überlebte bis heute wider Erwarten als Premierminister, sprich Kanzler. Trotz Anklagen seitens der viel gefürchteten Behörde zur Bekämpfung der Korruption (DNA) ist der rumänische Sozialist immer noch an der Spitze der Regierung, wenn auch öfter im Ausland als im eigenen Land.

Ein übermäßig langer Aufenthalt in der Türkei zum Zweck einer einfachen Knieoperation samt anschließender Physiotherapie brachte ihm Kritik und Spott sogar aus dem eigenen Lager, genauso wie sein momentaner Urlaub auf einer Jacht in der Karibik. Da die Aufhebung der Immunität von Parlamentariern in Rumänien von diesen selbst durch geheime Wahl – schwarze oder weiße Kugeln – entschieden wird, bleibt Ponta immun dank der noch immer vorhandenen parlamentarischen Mehrheit der regierenden Sozialdemokratischen Partei PSD. Sein während seiner Abwesenheit als Regierungschef amtierender Stellvertreter, Gabriel Oprea, beschließt zwar dann Gesetze, die Ponta bei seiner Rückkehr aufzuheben versucht. So geschehen beim Vorschlag, die Gehälter der Minister und Staatssekretäre von 1000 Euro auf 3000 Euro zu erhöhen.

Und der stille, selten und wenig sprechende Staatspräsident Iohannis duldet alles, während er bei repräsentativen Auslandsreisen wie zuletzt zu den Salzburger Festspielen samt Gattin in großer Begleitung aufbricht, ohne dort ein einziges Gespräch mit den Medien zu führen. Der schweigende und wenn überhaupt nur sehr langsam und mit Bedacht in holprigem Rumänisch sprechende Staatspräsident, der durchaus als ein Hoffnungsträger gewählt wurde, unterstützt zwar die Arbeit der Justiz gegen die Korruption, wer immer sich dieser auch schuldig macht, stellt sich politisch jedoch eher als Nichtssager dar.

Bürgermeister als Warlords

Seitdem Victor Ponta als amtierender Kanzler die Wahl zum Staatspräsidenten entgegen allen Vorhersagen – nicht zuletzt wegen der Stimmen der Auslandsrumänen – verloren hat, sind die Tage der sozialdemokratischen amtierenden Regierung im allgemeinen Verständnis der Bürger in Rumänien gezählt. Doch eine effektive und mehrheitsfähige Opposition ist nicht vorhanden. Dies wäre die sogenannte Nationalliberale Partei, Iohannis' frühere politische Heimat, derzeit geführt von der jungen Alina Gorghiu. Und die ungarische Minderheitspartei UDMR, die immer das Zünglein an der Waage war, wartet still ab, wer an die Macht kommt, um dann mit ihnen zu koalieren. Und so dümpelt das siebentgrößte Land der EU dahin, wobei bereits an die zwei Millionen Rumänen ihr Glück im Ausland versuchen.

Iohannis würde am liebsten alles privatisieren, die Regierung den Status quo beibehalten. Die mächtigen Bürgermeister aller Parteien gebärden sich als Warlords und bereichern sich mit durch Bestechung vergebenen Großaufträgen, während die amtierenden Minister und Konsorten versuchen, durch Unauffälligkeit möglichst lange im Amt zu überleben, und die Justiz verhaftet nahezu täglich auch bekannte politische Mandatare wegen Korruption und Bestechung. Außenpolitisch ist Rumänien als Nato-Mitglied abgesichert, innenpolitisch jedoch derzeit gelähmt.

Ioan Holender (geboren 1935 in Timişoara/ Temeswar in Rumänien) war von 1992 bis 2010 Direktor der Wiener Staatsoper.

E-Mails an:debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2015)

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