Rosemarie Schwarzwälder: "Die Passion für die Kunst hat mich nie verlassen"

(c) Doris Erben
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Rosemarie Schwarzwälder leitet seit 1978 die Galerie nächst St. Stephan, machte sie zum Avantgarde-Zentrum.

„Zwei Jahre und keinen Tag länger“ – diese Zeitspanne hatte Rosemarie Schwarzwälder im Auge, als sie Ende der Siebzigerjahre die Galerie nächst St. Stephan übernahm. „Ich habe gespürt: Das passt zu mir. Mein Vater war Unternehmer, mein Elternhaus hatte mich in dieser Richtung geprägt. Eng mit Künstlern zusammenzuarbeiten und Ausstellungen zu machen reizte mich sehr.“

So stieg die in Basel geborene Kunstjournalistin in den Kunstmarkt ein. Aus den ursprünglich geplanten zwei Jahren wurden mittlerweile 37. „Mir war bewusst, dass die Galerie eine legendäre Institution war“, sagt Schwarzwälder. „Anfangs war der Druck groß, all dies nicht an die Wand zu fahren und zugleich etwas Eigenes zu machen.“ 1923 eröffnete Otto Kallir in der Grünangergasse die „Neue Galerie“, 1954 gründete der Dompfarrer Monsignore Otto Mauer in den Räumlichkeiten die Galerie nächst St. Stephan, Schwarzwälder übernahm sie 1978. In einer Zeit, in der es in Wien praktisch keinen Kunstmarkt gab. „Es war schon eher trüb hier, was zeitgenössische Kunst betrifft“, erinnert sie sich. „Am meisten verändert hat es sich 1989, als die Grenzen zu unseren östlichen Nachbarn gefallen sind.“ Immer mehr ausländische Sammler seien nach Wien geströmt, auch in Österreich hätten sich Sammlungen entwickelt. Auch das Museumsquartier sei ein wichtiger Schritt gewesen, um Wien als Kunststadt zu etablieren.

Pionierin. Schwarzwälder leistete dabei Pionierarbeit und machte die Galerie nächst St. Stephan zum Zentrum der Avantgarde in Österreich. 1984 formulierte Schwarzwälder ein Programm, das sie bis heute durchzieht: Sie zeigt internationale Positionen der Abstraktion, Konzeptkunst und Minimal Art, vertritt Künstler wie Herbert Brandl, Katharina Grosse, Imi Knoebl und Helmut Federle, mit dem sie auch liiert ist. Kunstwerke zu verkaufen war ihr aber nie genug, seit jeher leistet ihre Galerie Vermittlungsarbeit und übernimmt damit auch Aufgaben eines Museums. Früh organisierte Schwarzwälder Kunstgespräche, Vorträge, Führungen. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen Grita Insam und Ursula Krinzinger prägte sie den Begriff „Informationsgalerie“. „Ich habe immer versucht, eine Vertiefung zu leisten. Kunst hat mit Sehen, aber auch mit Denken zu tun“, sagt sie. „Ich wollte eine Plattform bilden, wo die Leute etwas lernen können. Ich lerne auch ständig.“

Mit der Galeristenarbeit ist auch ständiges Reisen verbunden. Die Liste der internationalen Kunstmessen, die Schwarzwälder besucht, erweiterte sie heuer um die Art Basel Hong Kong, gerade erst kam sie aus Berlin zurück, um den Auftritt auf der Vienna Contemporary vorzubereiten. Woher nimmt sie so viel Energie? „Ich glaube, dass mich die Passion für die Kunst und die Vermittlung nie verlassen hat.“ Privat sammelt Schwarzwälder nicht allzu viel, zuletzt kaufte sie ein Video der deutschen Künstlerin Hito Steyerl. Stolz ist sie auf ihre beiden Söhne: Nikolaus Oberhuber leitet seit fünf Jahren die Galerie KOW in Berlin, auch Bruder Raphael ist dort eingestiegen. „Sie machen ganz tolle Arbeit.“

Hat sie selbst je überlegt, Wien zu verlassen? Schon. „Wien ist zwar international und unheimlich beliebt, aber der Kunsthandel findet in London und New York statt. Doch es ist auch interessant, in einer Stadt zu arbeiten, in der man das Gefühl hat: Hier gibt es noch etwas zu tun, hier kann man etwas erreichen.“


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