Schwierige Notversorgung: Österreichs Helfer brauchen Hilfe

AUSTRIA HUNGARY REFUGEES MIGRATION CRISIS
AUSTRIA HUNGARY REFUGEES MIGRATION CRISIS(c) APA/EPA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET)
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„Irgendwann werden die Freiwilligen sagen: ,Es geht nicht mehr‘“, sagt Rotkreuz-Rettungskommandant Foitik.

Wien/Nickelsdorf/Spielfeld. Die Bilder ähneln sich seit Wochen: Jenseits der Grenze halten Züge, Busse oder Kleintransporter, Flüchtlinge steigen aus und kommen nach Österreich. Als das noch vorwiegend bei Nickelsdorf im Burgenland geschah, waren Erstversorgung, Notunterbringung und Weitertransport zwar nie einfach, aber irgendwie bewältigbar. Seitdem die Menschen, die meisten von ihnen wollen nach wie vor nach Deutschland oder Skandinavien weiterreisen, irgendwo entlang des etwa 300 Kilometer langen Abschnitts zwischen Nickelsdorf und Spielfeld in der Südsteiermark ins Land kommen, ist die Lage für die Helfer deutlich schwieriger geworden.

Bis vor etwa einer Woche konnte das Rote Kreuz, das den mit Abstand größten Teil der humanitären und medizinischen Versorgung an den Grenzen (und auch im Landesinneren) stemmt, seine Kräfte gezielt an wenigen Orten bündeln und war ebendort entsprechend stark aufgestellt. Seitdem man jedoch einen viel größeren Einsatzraum zu betreuen hat, neigen sich die Reserven der größten Hilfsorganisation des Landes dem Ende zu. Bundesrettungskommandant Gerry Foitik warnt inzwischen davor, dass „Freiwillige und ihre Arbeitgeber irgendwann einmal sagen: ,Es geht nicht mehr‘“. Die Rückmeldungen, die er von seinen Helfern bekomme, gehen immer mehr in diese Richtung. Im Burgenland arbeiten das Rote Kreuz und seine Mitarbeiter seit 16 Wochen im Volllastbetrieb, in den restlichen vom Flüchtlingsstrom betroffenen Regionen seit bald zwei.

Wunsch nach mehr Information

Neben dem großen Einsatzraum und der begrenzten zeitlichen Belastbarkeit der Freiwilligen und ihrer Arbeitgeber macht dem Roten Kreuz die schlechte Informationspolitik der Nachbarländer – insbesondere Ungarns– zu schaffen. Foitik drängt daher auf politisch koordinierte Lösungen für den Weitertransport von Flüchtlingen in ihre Zielländer. „Würden Züge oder Buskonvois, deren Ziele bekannt sind, vorher angekündigt, würde deren Betreuung bei der Durchreise viel weniger Kräfte binden, als wenn wir die Reisenden einzeln und unangekündigt sammeln, versorgen und weiterverteilen.“

Rückstau in Nickelsdorf

Parallel zum Roten Kreuz machte am Sonntag auch die Polizei auf eine problematische Entwicklung aufmerksam. Egal, welchen Grenzübergang man beobachte: Es sei immer schwieriger, die eintreffenden Personen zu verteilen. „Wir bringen die Menschen inzwischen nicht mehr so schnell von hier weg, wie wir das noch während der vorigen Wochen geschafft haben“, beschrieb Gerald Pangl von der burgenländischen Polizei die Lage in Nickelsdorf. Seitdem Deutschland vor einer Woche mit den Grenzkontrollen begann, sei es immer schwieriger geworden, freie Plätze in Notquartieren zu bekommen. Die Folge ist inzwischen ein Rückstau. Hielten sich am Samstag in Nickelsdorf noch 5000 Personen auf, waren es am Sonntagnachmittag bereits 7000. Zudem machen sich die Behörden zusehends Sorgen um das Wetter. Regen und sinkende Temperaturen könnten die Bedingungen an den Sammelstellen schnell erheblich verschlechtern.

Das gesamte Wochenende hindurch fiel auf, dass sich der erwartete Ansturm über Slowenien zumindest bisher in Grenzen hielt. Zwar gelangten immer wieder größere Gruppen von dort in die Steiermark, es schien jedoch, dass das Nachbarland bis jetzt selbst einen großen Teil der aus Kroatien kommenden Menschen aufnahm. Die Haupteinfallsroute verlief wieder über Ungarn. Das Innenministerium schätze, dass Samstag und Sonntag insgesamt etwa 20.000Personen aus dieser Richtung die Grenze überschritten. Prognosen für die nächsten Tage seien wegen der dürftigen Informationen schwierig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2015)

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