Song Contest: Ukraine provoziert Russland mit Krimtatarin

Crimean Tatar singer Jamala performs during Ukrainian national selection for Eurovision Song Contest outside Kiev
Crimean Tatar singer Jamala performs during Ukrainian national selection for Eurovision Song Contest outside Kiev(c) REUTERS (VALENTYN OGIRENKO)
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Der ukrainische Beitrag für den diesjährigen Song Contest thematisiert die Deportation der Krimtataren unter Stalin. Sängerin Jamala ließ sich vom Schicksal ihrer Urgroßmutter inspirieren.

Der diesjährige Beitrag der Ukraine für den Song Contest in Stockholm dürfte Russland provozieren: Die Sängerin Jamala siegte beim nationalen Vorentscheid am Sonntagabend in Kiew mit ihrem eingängigen Popsong "1944". Jamala, die mit bürgerlichem Namen Susana Jamaladinova heißt, gehört der Minderheit der Krimtataren an und singt in ihrem Lied über die Deportation der Volksgruppe unter dem sowjetischen Diktator Stalin.

"Wenn Fremde kommen, dann kommen sie in dein Haus, sie werden dich töten und sagen: 'Wir sind unschuldig'" heißt es schon zu Beginn des Songs.

Die turksprachige, überwiegend muslimische Minderheit wurde 1944 aus ihrer Heimat abgeschoben - die Mehrheit wurde nach Zentralasien deportiert. Viele Menschen starben noch während der Fahrt in völlig überfüllten Zügen, andere verhungerten in der Steppe. Erst in den 1980er Jahren durften sie zurückkehren.

Das Lied dürfte viele an die Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim durch Russland 2014 erinnern - obwohl diese nicht ausdrücklich erwähnt wird. Vertreter der Krimtataren beklagen seitdem Repressionen durch Behörden.

Vom Schicksal ihrer Urgroßmutter inspiriert

Jamala ließ sich für das Lied vom Schicksal ihrer Urgroßmutter inspirieren. "Dieses schreckliche Jahr hat ihr ganzes Leben verändert", sagte die Sängerin vor der Show, berichtet der "Guardian". "Sie war danach nie mehr dieselbe". 

In der Jury saß neben der Sängerin Ruslana, die den ESC 2004 gewonnen hatte ("Wild Dances") auch der ESC-Zweite von 2007, Andrej Danilko (alias Verka Serduchka). "Jamala berührte mich für alles, was passiert ist. Das ist absolute Originalität. Das ist die tiefe Ukraine, die wirkliche Ukraine und die starke Ukraine", sagte Ruslana. Jamala war seit der Annektion nicht auf der Krim.

Regeln verbieten politische Texte

Ob ihr Lied beim Song Contest in dieser Fassung vorgetragen werden darf, ist fraglich. Denn die Regeln der European Broadcasting Union, die den Wettbewerb ausrichtet, verbieten Songs mit dezidiert politischen Inhalten. So wurde 2009 etwa der georgische Beitrag "We Don't Wanna Put In" von Stephane and 3G verboten, weil darin der russische Präsident Wladimir Putin verspottet wurde. Die Gruppe wurde aufgefordert, den Text zu ändern. Georgien zog seine Teilnahme am Song Contest daraufhin ganz zurück.

(Red./APA/dpa)

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