Ängstlichkeit führt ins Verderben

Rapid bejubelt einen neuen Torgaranten, die Wiener Austria sinkt noch weiter in die Krise.

Nach dem Sieg im 317. Wiener Derby konnte Rapid durchschnaufen, mit dem 1:0-Erfolg haben die Hütteldorfer Rang zwei so gut wie sicher. Die Meisterschaft schreiben sie nicht ab, aber da haben die Salzburger die Trümpfe in der Hand – für den Fall, dass der Tabellenführer patzen sollte, will man präsent sein. Das Gesetz des Handelns aber diktiert nicht Grün-Weiß. Den Fans war das nach dem Schlusspfiff einerlei, auch wenn die Salzburger relativ entspannt ins Saisonfinish gehen können. Sechs Punkte beträgt der Vorsprung, dazu kommt das um zwölf Treffer bessere Torverhältnis. Der Rapid-Präsident, Michael Krammer, gab sogar eine Kampfparole aus. „So lange wir noch die Chance haben, müssen wir alles tun, um das Unmögliche möglich zu machen.“ Und Tomi, der Schütze des entscheidenden Treffers, pflichtete seinem obersten Chef bei. „Wir werden alles versuchen“, versprach er. Er hat auch im vierten Pflichtspiel, in dem er von Beginn an gespielt hat, getroffen. Damit hat der 31-jährige Matej Jelić vorerst aus der Anfangsformation verdrängt.

Rapid-Trainer Zoran Barišić hatte ein gutes Händchen bewiesen, den Sieg konnte er schon richtig einordnen, in erster Linie freute er sich für die Fans, die sich diesen Erfolg verdient hätten.

Die Austria aber hatte nur einen schwachen Gegner abgegeben. Die Derbyleistung war auf allen Linien enttäuschend, da wurden keine Kräfte frei, ein Konzept, wie man Rapid hätte schlagen wollen, war auch nicht ersichtlich. Im Derby hat sich die Krise nicht nur prolongiert, sondern sich auch noch verfestigt. Viermal gab es zuletzt keinen Torjubel, die jüngsten drei Partien gingen verloren. Austria-Trainer Thorsten Fink wirkt wie ein Fußballlehrer, der mit seinem Latein fast schon wieder am Ende ist.

Er verkörpert irgendwie deutsche Hochnäsigkeit bis Arroganz, Selbstkritik ist ihm fremd.

Die Analysen von Fink hören sich oft etwas verwunderlich an. Diesmal meinte er nur: „Uns hat in den vergangenen Wochen das Glück gefehlt“, und ergänzte: „Aber heute war der Gegner besser.“ Rapid habe eine hervorragende Partie geboten. „Ich habe eine Ängstlichkeit gespürt.“

Mit Sturm Graz und Admira sitzen den Wienern gleich zwei Teams im Kampf um den Europacupplatz im Nacken. Es wird eng.

wolfgang.wiederstein@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2016)

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