Extravaganz mit robuster Kupplung

Der Countach
Der Countach
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Pilgerstätte. Seine Sportwagen waren exzentrisch und trugen die Namen von Kampfstieren. In der Heimat Emilia feiert man Ferruccio Lamborghinis 100. Geburtstag mit einem neuen Museum.

Es ging nur um eine kaputte Kupplung, aber es sollte eine große Geschichte daraus werden. Ferruccio Lamborghini, Bauernsohn aus der Gegend von Bologna, hatte längst Karriere gemacht als Hersteller von Traktoren, besaß eine florierende Fabrik in Cento nördlich von Bologna und leistete sich einen Ferrari 250 GTE. „Weil die Kupplung immer wieder Probleme machte, baute mein Onkel eine Kupplung von seinen Traktoren ein“, erzählt Fabio Lamborghini. Enzo Ferrari war nicht begeistert und soll erwidert haben: „Das Auto ist in Ordnung. Das Problem ist, dass du mit Traktoren umgehen kannst, aber nicht mit einem Ferrari.“

Die Replik kam rasch. Lamborghini wollte seinen eigenen Sportwagen und ließ den Designer Franco Scaglione einen futuristischen Prototyp zeichnen. „Bevor der 350 GT als erster Lamborghini 1964 in Serie ging, musste er auf Anweisung meines Onkels noch umgestaltet werden, damit er europäischer und eleganter wirkte“, erzählt Fabio Lamborghini.

Eine historische Anekdote und eine von vielen Geschichten, die das neue Museum der Familie Lamborghini in Funo di Argelato bei Bologna erzählt. Vor wenigen Monaten öffnete das Museum in einem schlichten Industriebau an der Strada Provinciale und dokumentiert das Schaffen des Gründers der Sportwagenschmiede, die seit 1998 Tochtergesellschaft der Audi AG ist. Die Lamborghini SpA hat ein eigenes Museum in der Zentrale in Sant'Agata.

Lamborghini war Tüftler und Perfektionist. Sein Erfolg mit Traktoren beruhte darauf, dass er den Bauern in der Poebene hochwertige und zuverlässige Technik zu günstigen Preisen liefern konnte. Bei den Sportwagen waren günstige Preise kein Thema. Ferruccios Vorstellungen vom Design waren eher klassisch, orientierten sich am großen Konkurrenten Ferrari. 1966 lieferte er mit dem Miura ein automobiles Gesamtkunstwerk. Im Museum steht sein privater Miura SV mit einer Laufleistung von 32.000 km, für den reiche Sammler viele Millionen zahlen würden. Erst nach seinem Ausstieg 1972 verschrieb sich das Lamborghini-Design der Avantgarde und dem exaltierten Auftritt. Der extrem flache und unkonventionelle Countach, in Zusammenarbeit mit Bertone entstanden, wirkte 1975 wie ein Bolide von einer anderen Welt. Diablo und Murciélago sollten diese Philosophie fortsetzen.

Man täte Ferruccio Lamborghini Unrecht, ginge es nur um seine Sportwagen. Er war ein kreativer Techniker, der kaum Grenzen kannte. In Offshore-Rennboote pflanzte er zwei Zwölfzylindermotoren ein und setzte etliche Geschwindigkeitsweltrekorde. Er versuchte es auch mit Hubschraubern. Weil der italienische Staat aber den notleidenden Hersteller MV Agusta übernahm, gab's für ihn keine Lizenz. Lamborghini produzierte Klimaanlagen, Wasserreinigungsanlagen, Hydrauliksysteme und Golfwagen. Ein Highlight des Museums ist auch das Papamobil, eine Art XXL-Golfwagen in Weiß mit einem erhöhten Rücksitz, mit dem Johannes Paul II. und Benedikt XVI. im Sommersitz Castel Gandolfo chauffiert wurden.

Nach dem Verkauf 1972 zog Ferruccio Lamborghini an den Lago di Trasimeno, wo er seine perfektionistischen Ansprüche als Weinbauer erfolgreich umsetzte. Er starb 1993. Bei der aktuellen Geburtstagsfeier in der Emilia waren neben dem Museum auch die Fabrik in Sant'Agata und der neue Autodromo bei Modena die Schauplätze, etliche Prominente waren mit von der Partie.

Die waren bei Lamborghini immer gut vertreten. Wie zum Beispiel Frank Sinatra, von dem Fabio Lamborghini noch eine Anekdote weiß: „Frank Sinatra sagte einmal bei einem offiziellen Essen in einem New Yorker Hotel: ,Wenn Sie jemand werden wollen, fahren Sie einen Ferrari. Wenn Sie jemand sein wollen, fahren Sie einen Lamborghini.‘“

MUSEUM F. LAMBORGHINI

2015 eröffnete die Familie Lamborghini das Museum in Funo di Argelato. Auf 5000 Quadratmetern ist das Schaffen Ferruccios mit Sportwagen, Traktoren und unbekannten Kreationen sowie 1000 Fotos aus Privatbesitz dokumentiert. Das Museum liegt nah der Autobahnausfahrt Bologna Interporto. Stilgerecht: Anreise über Modena vorbei am Maserati-Werk und der Lambo-Zentrale Sant'Agata. Geöffnet Dienstag bis Samstag 10 bis 13 Uhr, 14 bis 17.30; museolamborghini.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2016)

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