Ausgemustert: Marco Reus wird zur tragischen Figur

Marco Reus verpasste die WM 2014, auch bei der EM wird er fehlen.
Marco Reus verpasste die WM 2014, auch bei der EM wird er fehlen.(c) REUTERS (INA FASSBENDER)
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Zum dritten Mal nach der WM 2010 und 2014 verpasst der Dortmunder Marco Reus ein großes Turnier. Nun ist der EM-Traum von Frankreich geplatzt.

Berlin/Wien. Joachim Löw, der deutsche Bundestrainer, hatte die Qual der Wahl – er musste den endgültigen Euro-Kader nominieren. Erwischt hat es Marco Reus, den Dortmunder. Damit hat die bittere Nationalmannschaftskarriere von Reus, der ausgerechnet gestern Geburtstag (27) hatte, einen weiteren Tiefpunkt erreicht. Der offensive Mittelfeldspieler von Borussia Dortmund verpasst verletzungsbedingt nach der WM 2010 in Südafrika und der WM 2014 in Brasilien das dritte große Turnier seiner Karriere.

Reus reiste bereits angeschlagen ins Trainingslager und konnte wegen Adduktorenbeschwerden nicht mit der Mannschaft trainieren. Löw sprach von „massiven gesundheitlichen Problemen“. Neben Reus müssen auch Karim Bellarabi und Julian Brandt (beide Bayer Leverkusen) sowie Sebastian Rudy (Hoffenheim) die Heimreise antreten, verlautbarte der Teamchef im Trainingslager in Ascona. „Reus kann im Moment nur geradeaus laufen. Für uns und für ihn eine bittere Entscheidung, er wäre eine Bereicherung gewesen.“

Die angeschlagenen Bastian Schweinsteiger und Mats Hummels gehören hingegen trotz ihrer Verletzungen zum 23-köpfigen Kader des Weltmeisters für die EM. Auch die Jungstars Joshua Kimmich, Julian Weigl und Leroy Sané fahren zur Euro.

Generalprobe gegen Ungarn

Bis Freitag wird Löw seine EM-Fahrer noch in der Schweiz vorbereiten. Dann geht es weiter zur Generalprobe am Samstag in Gelsenkirchen gegen Österreichs Gruppengegner Ungarn. Nach zwei freien Tagen wird der Weltmeister am kommenden Dienstag sein EM-Stammquartier in Evian-les-Bains am französischen Ufer des Genfer Sees beziehen.

Am 12. Juni in Lille startet Deutschland gegen die Ukraine in das Turnier. Weitere Gruppengegner sind am 16. Juni in Saint-Denis Polen und Nordirland am 21. Juni im Pariser Prinzenpark.

Kapitän Schweinsteiger sei laut Löw wieder voll belastbar. „Bei Mats Hummels wird es noch ein paar Tage dauern, das ist klar. Da müssen wir abwarten. Nach Auskunft der Ärzte werden beide beim Turnier zur Verfügung stehen.“ Hummels hatte einen Muskelfaserriss in der Wade erlitten.

Deutschland ist nicht ganz ohne Sorgen und Probleme, schließlich ist die Nationalmannschaft zuletzt beim 1:3 gegen die Slowakei vom Regen in die Traufe gekommen. Wer auf einen Reus verzichten kann, der hat allerdings starke Mittelfeldspieler in Hülle und Fülle. Löw weiß, dass ihm nur Profis helfen können, die völlig fit sind – bei einer Euro ist kein Platz für Sentimentalitäten. Ihm blieb – bei allem menschlichen Mitgefühl – nach der Beratung mit dem medizinischen Stab um Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt praktisch keine andere Wahl. Löw hat sich entschieden, man darf davon ausgehen, dass der Schwabe keine falsche Wahl getroffen hat.

Neun Tore in 29 Spielen

Es wurde in Deutschland fleißig spekuliert und heftig diskutiert: Wen wird Löw aus seinem vorläufigen Aufgebot streichen? Dass es Marco Reuss sein wird, damit hat keiner gerechnet. Der Dortmunder wird so zum großen Pechvogel, zu einer tragischen Figur. Der Angreifer, der in 29 Länderspielen neun Tore erzielte, wäre sogar ein Kandidat für die Startelf gewesen. Sami Khedira versuchte zu trösten: „Ich bin überzeugt, Reus bekommt trotzdem noch seine Chance auf großer Bühne.“ Bei der WM 2018, dem nächsten großen Turnier, wäre Reus mit 29 dafür noch jung genug. (ww).

DER DFB-Kader Euro 2016

Tor: Neuer (Bayern München), Leno (Leverkusen), ter Stegen (FC Barcelona).
Abwehr: Boateng (Bayern München), Can (Liverpool), Hector (Köln), Höwedes (Schalke), Hummels (Dortmund), Mustafi (Valencia), Rüdiger (AS Roma).
Mittelfeld: Draxler, Schürrle (beide Wolfsburg), Khedira (Juventus), Kimmich, Müller (beide Bayern), Kroos (Real), Özil (Arsenal), Podolski (Galatasaray), Schweinsteiger (Manchester United), Weigl (BVB).
Angriff: Gomez (Besiktas), Götze (Bayern), Sané (Schalke) .

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2016)

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