Handel: „Billa heute“ sieht in Polen kein Morgen

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
  • Drucken

Rewe verkauft alle 25 Märkte an Leclerc. Der Rückzug aus dem überreifen und heiß umkämpften Markt kommt nicht unerwartet. Auch Aldi kann sich gegen die harte Konkurrenz nicht behaupten.

Warschau (kk, gau). Billa verschwindet aus Polen: Die Rewe-Gruppe verkauft alle 25 Supermärkte an den französischen Mitbewerber Leclerc. Präsent bleibt der Handelskonzern mit den Slegros-Abholgroßmärkten, auf die er sich künftig konzentrieren will.

Der Rückzug aus dem überreifen und heiß umkämpften Markt kommt nicht unerwartet. Die Rewe-Gruppe kam in Polen – anders als etwa in Tschechien, der Slowakei, Slowenien oder Kroatien– nie recht vom Fleck. Der Markteintritt erfolgte spät: Erst seit 1996 war Rewe mit Supermärkten der deutschen Marke Minimal aktiv vor Ort. Als in Deutschland 2006 alle Minimal- in Rewe-Märkte umgetauft wurden, erfolgte in Polen der Namenswechsel auf Billa.

Unter welchem Namen auch immer: Die kritische Masse an Filialen hat die Rewe-Gruppe nie erreicht. „Marktstudien haben uns gezeigt, dass es besser ist, wenn wir uns auf andere Sektoren und Länder konzentrieren“, erzählt Corinna Tinkler, Pressesprecherin von Rewe International, im Gespräch mit der „Presse“.

Dahinter stehe die Strategie, in jedem CEE-Land zu den stärksten drei Supermarktketten zu gehören. „In Polen waren die Voraussetzungen, dieses Ziel zu erreichen, sehr schwer“, erklärt Tinkler.

Tatsächlich erfolgte die Expansion zu zaghaft. Die internationalen Handelsriesen wie Metro, Carrefour und Tesco nutzten ihren Startvorteil. Ein kleiner Trost für Billa: Die erhoffte Goldgrube wurde der polnische Markt für keinen Konkurrenten, erbitterte Preisschlachten drücken die Erträge.

Auch Leclerc, mit dem Rewe in einer strategischen Allianz zusammenarbeitet, kam bislang nicht über 20 Filialen. Nun haben die Franzosen die Chance, ernsthaft Fuß zu fassen.

Aldis Pläne gehen nicht auf

Auch für Aldi (in Österreich: Hofer) ist Polen kein gutes Pflaster. Schon der Start des deutschen Diskonters vor einem Jahr war von Problemen überschattet. Die Eröffnung der ersten sieben Filialen verzögerte sich, da die Konzession zum Verkauf von Alkohol nicht rechtzeitig ausgestellt worden war. Nun berichtet die Tageszeitung „Rzeczpospolita“, dass Aldi seine Expansionspläne nicht in die Realität umsetzen könne.

Zwölf Monate nach dem Markteintritt verfüge das Unternehmen nur über etwa 20 Diskontmärkte. Zum Vergleich: Der Marktführer Biedronki betreibt in Polen über 1100 Filialen und die deutsche Konkurrenz Lidl immerhin 285. Langfristiges Ziel von Aldi sei es, mit Biedronki gleichzuziehen.

Die Konkurrenz spekuliert hinter vorgehaltener Hand eifrig über die Probleme des mächtigen Diskonters. Kein Zweifel besteht darin, dass Aldi auch außerhalb Deutschlands einen guten Namen hat: gute Qualität, niedrige Preise assoziieren auch die Polen. Brancheninsider erklären, dass der Diskonter von Anfang an mit einem zentralen Problem zu kämpfen hatte.

Die Höhe des Umsatzes war zu klein, um von den Produzenten durch den Kauf von großen Mengen an Ware hohe Rabatte herausschlagen zu können. Zudem mache Aldi den gleichen Fehler wie der Konkurrent Biedronki vor einigen Jahren, schreibt „Rzeczpospolita“. Der Diskonter verkauft in seinen Filialen nur Produkte der hauseigenen Marken. Die polnischen Kunden möchten aber auch ihnen bekannte Waren in den Regalen finden. Biedronki nahm damals einige bekannte Fremdprodukte in das eigene Sortiment auf und fand sich danach wieder auf Wachstumskurs.

Zudem kam Aldi noch viel später als Rewe. Branchenexperten erklären das Zögern mit einer Konzernstrategie: in jedem Land zu warten, bis die Pro-Kopf-Ausgaben für Lebensmittel bei mehr als 1500 Euro im Jahr liegen. Anders als Billa dürfte sich der Lebensmittelriese aber nicht zurückziehen: Trotz der Krise liegen die Wachstumsprognosen bei den Diskontern weit über dem europäischen Durchschnitt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.