Reflektiert eine Lärmschutzwand den Schall?

Lärmforscher wiesen keinen Pingpong-Effekt nach.

Wer 2012 mit dem Zug südlich von Graz oder zwischen Salzburg und Wels unterwegs war, könnte sie gesehen haben: Mikrofone auf bis zu 15 Meter hohen Stativen, die bis zu 30 Meter von der Strecke entfernt standen. Mit diesen belauschten Forscher zwei Wochen lang vorbeifahrende Schienenfahrzeuge.

Im Projekt Reflex-Bahn galt es, eine fast skurril klingende Behauptung zu überprüfen: „Wir haben immer wieder die Rückmeldung bekommen, dass es nach dem Bau von Lärmschutzwänden lauter war also zuvor“, sagt Projektleiter Günter Dinhobl von der ÖBB-Infrastruktur. Selbst unter Akustikexperten habe die Annahme kursiert, dass der Schall zwischen Zug und Lärmschutzwand eingesperrt bleibe und so Mehrfachreflexionen entstünden, sich also ein Pingpong-Effekt entwickle.

Weil Lärmschutzmaßnahmen ja wirken sollen und außerdem teuer sind, wollte man es genauer wissen. Die Forscher stellten ihre Messgeräte daher entlang der Westbahn und der Südbahn auf: Um vergleichen zu können, sammelten sie Daten von vorbeifahrenden Zügen an Stellen mit und ohne Lärmschutzwand. Ausgewählt wurden diese Stellen mithilfe von Modellrechnungen – eigentlich sollte dort ein höherer Schallpegel zu erwarten sein, wenn Reflexionen auftreten.

Anderer Höreindruck

Die Ergebnisse zeigten nun schließlich, dass sich Mehrfachreflexionen ausschließen lassen, dass es an Stellen mit Lärmschutzwand nicht lauter ist als an Stellen ohne. „Möglich wäre aber, dass der Höreindruck anders ist“, räumt Dinhobl ein. Schließlich verändere die Lärmschutzwand das Frequenzspektrum. Anrainer wurden nicht befragt, das wäre wieder ein eigenes Projekt.

Bleibt die Frage, wie viel Lärm eine Lärmschutzwand überhaupt abschirmt? Zehn bis fünfzehn Dezibel weiß man aus anderen Untersuchungen. Ab zumindest fünf Dezibel Einsparung werden sie errichtet. (gral)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2016)

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