Deutschlands Alptraum endet im Elfmeterschießen

Germany v Italy - EURO 2016 - Quarter Final
Germany v Italy - EURO 2016 - Quarter FinalREUTERS
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Der Klassiker Deutschland gegen Italien wurde erst im Elfmeterschießen mit 6:5 entschieden, zuvor hatte die Partie über weite Strecken an Klasse vermissen lassen. Hector verwandelte den finalen Penalty.

Für viele galt der Hit im Viertelfinale der Fußball-EM 2016 als ein vorweggenommenes Finale. Die Partie Deutschland gegen Italien hielt über weite Strecken nicht dem stand, was man sich von einem Endspiel erwartet: Spannung, Tore, Angriffe, Chancen; im Gegenteil. Zu oft war es nur ein Verwalten, Kontrollieren, verhindern. Die Abwehrreihen dominierten, sorgten dafür, dass es beim vermeintlichen Schlager nach 90 Minuten 1:1 stand, die Verlängerung vor Fadesse strotzte und die Entscheidung erst in Joachim Löws erstem Elfmeterschießen als DFB-Cheftrainer fallen sollte. Auch das ging in die Verlängerung, nach je neun Durchgängen hatte Deutschland gewonnen – 6:5.

Acht Mal zog Deutschland zuvor bei Fußball-Großereignissen gegen Italien den Kürzeren. Egal ob WM oder EM, zuletzt markant bei der EM 2012 durch einen Doppelpack von Mario Balotelli (1:2). Die Spieler und auch Trainer „Jogi“ Löw erlebten ihre dunkelste Stunde, geht es nach der „Süddeutschen Zeitung“, wurde da „aus Jogi der Joachim“. Deutschland aber gewann 2014 die WM in Brasilien, Löw schaffte die Meisterprüfung und nun pochte er vor dem Anpfiff in Bordeaux erpicht darauf, dass Niederlagen der Vergangenheit „kalter Kaffee“ seien. Er habe starken Espresso viel lieber . . .

Favoritenrolle hin, 3:0-Siege gegen Nordirland oder 2:0-Erfolge gegen Titelverteidiger Spanien her, mit Anpfiff war es ein komplett neues Duell. Das DFB-Team war nach vier Spielen dank Keeper Manuel Neuer, 30, ohne Gegentreffer. Bei Italien wacht seit gefühlten Ewigkeiten Gianluigi Buffon, 38, über die Unberührtheit der Torlinie. Löw hatte aber auch eine Überraschung parat, Höwedes stand in der Startelf statt Draxler. Und, in der Abwehr forcierte er die Dreierkette mit Höwedes, Boateng und Hummels; so wie beim 4:1 im Test gegen die Italiener – Löws Pech war, dass ganz Italien diesen „Trick“ erwartete.

Es startete ein Abtasten, ausprobieren, ausschalten und als Khedira (17.) verletzt vom Platz stolperte und durch Schweinsteiger ersetzt wurde, wollte manch Anhänger der Squadra schon aufschreien.

Und dann: Özil! Aber, mit Schweinsteiger kam Schwung, der Manchester-Legionär sorgte für Unruhe in der italienischen Abwehr und hätte er De Sciglio nicht gar so ungestüm an der Schulter zu Boden gedrückt, wer weiß, vielleicht hätte sein Tor (27.) doch gezählt? Auch Müller (42.) vergab die beste Chance.

Auf Seiten der Italiener gab es kaum Nennenswertes, der Respekt, das Abwarten überwog. Nur eine Szene blieb tatsächlich erinnerlich: Giaccherinis Hereingabe verpasste Florenzi, den Abpraller nahm Sturaro und nur Boateng verhinderte den Rückstand für den Fußball-Weltmeister.
Nach Wiederbeginn startete die Fortsetzung des Kontrollierens, Absicherns. Italien fand zwar viel Platz auf der linken Seite, konnte daraus aber keinerlei Profit schlagen; im Gegenteil. Je öfter sie dort scheiterten, desto mehr gewann man den Eindruck, Löw wollte sie dort sogar auflaufen sehen. Und im Gegenzug? Müller (53.) vergab die nächste Chance, Buffon war nie gefordert, als eine Stunde gespielt war.

Dann brach der Bann. Ein weiter Abschlag von Neuer landete bei Gomez, Florenzi passte, der Stürmer passte zu Hector, der in die Mitte weiterspielte und Özil fand: 65., 1:0. Bitter für Buffon: der erste Torschuss landete im Tor. Es war das erste, das er bei dieser EM kassieren musste. Doch Italien gibt kein Spiel verloren, ehe der Schlusspfiff ertönt ist. Es rollten Gegenangriffe, lange hielt die DFB-Abwehr stand. Dann flankte Florenzi von rechts, der Ball klatschte an Boatengs ausgestreckten Arm – Elfmeter. Bonucci (78.) verwandelte sicher zum 1:1; sein stoppender Anlauf war jedoch fragwürdig. Auch Neuers Torsperre war damit passé.

Die Partie lief in die Verlängerung, wie bei der WM 2006, damals siegte Italien mit 2:0. Zehn Jahre später standen Schweinsteiger und Buffon noch immer auf dem Fußballplatz, diesmal mussten die Dauerbrenner bis zum Elfmeterschießen durchhalten.

Deutschland: Neuer; Höwedes, Boateng, Hummels; Kimmich, Khedira (16. Schweinsteiger), Kroos, Hector; Müller, Gomez (72. Draxler), Özil.

Italien: Buffon; Barzagli, Bonucci, Chiellini; Florenzi (87. Darmian), Sturaro, Parolo, Giaccherini, De Sciglio; Pelle, Eder (107., Insigne).

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