Das Handy schaut mit: Fernsehen wird vernetzt

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Informationstechnologie. Eine App aus Österreich erkennt Fernsehinhalte automatisch und zeigt auf dem Tablet oder Smartphone alle Hintergrund-Infos zur aktuellen Sendung an. Auch die Vernetzung der Zuseher ist Ziel der Gründer.

Ein gewöhnliches Gespräch an einem TV-Abend. Er: „Wer ist der Typ, der hat in einer Serie vor zehn Jahren irgendwo mitgespielt.“ Sie: „Ich google ihn. Wie heißt er in dem Film?“ Das ist alltäglich, ständig wollen wir beim Fernsehen Hintergrundinformationen, googeln ein Fremdwort, das in den Nachrichten vorkommt, schauen, in welchen Serien George Clooney gespielt hat und lesen auf Twitter die Meinungen anderer „Tatort“-Zuschauer, wer wohl der Mörder ist.

Ein österreichisches Start-up möchte diese Interaktionen vereinfachen und das Fernsehen direkt mit dem Internet verbinden. Dazu braucht man keinen Smart-TV, auf dem man zwischen Funktionen des herkömmlichen Fernsehens und des Internets wie YouTube und Netflix hin- und herschaltet. Sondern man kann sich die neu entwickelte, kostenfreie App „Snapscreen“ herunterladen. Dann macht man mit dem Smartphone oder Tablet einen Schnappschuss des Fernsehers, die Software erkennt das Bild und zeigt sofort an, was man zu der Sendung alles wissen könnte. Welche Schauspieler sind dabei? Wie schauen sie heute aus, wo haben sie bisher gespielt?

Zugleich soll zu Diskussionen verlinkt werden, die im Internet zu der Sendung laufen: Twitter- und Facebook-Kommentare werden ebenso auftauchen wie Chat-Verläufe innerhalb der „Snapscreen“-Community. So stellen sich die Gründer, die von der Austria Wirtschaftsservice (AWS) unterstützt wurden, jedenfalls die Zukunft vor. „Snapscreen“ wurde als App nun erstmals für Apple-Geräte bereitgestellt, Android folgt demnächst. Das Team wartet jetzt auf das Feedback der ersten User.

Schnappschuss statt Hashtag

„Bisher gibt es keine intuitive Verbindung zwischen Fernsehen und Internet. Die Zuschauer können zwar über Hashtags, Websites oder Facebook-Seiten mit dem TV-Geschehen in Verbindung treten, oder über SMS oder Telefon-Anrufe abstimmen. Unsere Vision ist das Niederreißen der Grenze zwischen TV und Internet, das Verbinden der Zuseher untereinander“, sagt Thomas Willomitzer, Geschäftsführer von Snapscreen, das in Wien ansässig ist.

Geplant ist, dass die Software mit allen verfügbaren Serien und Filmen gefüttert wird, sodass die Bilderkennung den Schnappschuss des TV-Bildschirms der richtigen Sendung zuordnet – und am Handy oder Tablet die dazugehörigen Informationen auflistet.

In der ersten Version läuft es aber so, dass „Snapscreen“ auf das derzeit laufende Fernsehprogramm via Antenne, Kabel und Satellit zugreift und weiß, was auf welchem Sender gerade läuft oder gestern gelaufen ist. So kann ein Schnappschuss des TV-Bildes schnell der laufenden Sendung zugeordnet werden. „Wir haben derzeit die Top 90 Prozent der in Österreich gesehenen, das sind zehn Sender aus Österreich und Deutschland“, sagt Willomitzer. Je mehr User die neue Technologie nutzen, umso sinnvoller kann man die App einsetzen. Sie soll anzeigen, ob Menschen in der nahen Umgebung die gleiche Sendung anschauen, welche Gespräche dazu online laufen etc. „Wir wollen auch Kooperationen mit Telekom-Anbietern oder TV-Stationen: Beispielsweise werden Ratings, die Zuschauerquoten messen, von wenigen Haushalten hochgerechnet. Unsere Software liefert sekundengenau Daten, wer was schaut und wie welcher Inhalt ankommt“, sagt Willomitzer.

TV-Bilder sind international

Die Idee zu der Innovation kam ihm, als er in den USA die Übertragung des Super Bowl sah. Zig Millionen TV-Seher verfolgen zugleich das Football-Finale. Eine Werbung rief dazu auf, sich über die Sound-Erkennungs-App „Shazam“ mit dem Internet zu verbinden.

„Doch Audiodaten sind von Land zu Land verschieden, für jede Sprache müsste man neu programmieren“, sagt Willomitzer. Daher nutzt seine Erfindung Bilddaten, denn ein „James Bond“-Film hat in Amerika die gleichen Bilder wie in Österreich. (vers)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2016)

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