Nicht jugendfrei: Shunga, erotische Kunst aus Japan im MAK

Das Wiener MAK zeigt vom 12. Oktober bis 29. Jänner seine neue Schau "Shunga - Erotische Kunst aus Japan". Die Bilder stammen zum überwiegenden Teil aus der Leopold Privatsammlung, die Diethard Leopold von seinem Vater Rudolf geerbt hat. Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Museum für angewandte Kunst und mit dem dortigen Asiatika-Spezialisten Johannes Wieninger.
Hashiguchi Goyō (1880–1921), Yokugo no onna [Frau nach dem Bad], 1918–1920. Aus einer Mappe mit 13 Farbholzschnitten zum Thema „Badende“

Am am Eingang zur Ausstellung im Keller des MAK (sonst das Design Labor) wird extra gewarnt, dass die "explizit erotischen Darstellungen das moralische Empfinden von Personen unter 16 Jahren verletzen könnten".
Kitagawa Utamaro (1753–1806), Ein junger Besucher, 1799. Aus dem Album Negai no itoguchi [Erwachen der Begierde]. Farbholzschnitt

Das ausgesprochene Anliegen der Ausstellung aber ist die kunsthistorische Einordnung der Gattung. Anders als der Großteil der expliziten Pornografie in Europa waren Shunga eine der Haupteinnahmequellen der angesehensten Meister der Holzschnittkunst (Ukiyo-e).
Utagawa Kunimaro (ca. 1830–1870), Beim Teetrinken, um 1860/70. Illustration aus einem dreibändigen Buch. Farbholzschnitt

Shunga sind erotische, auch pornografische, also explizit den Geschlechtsakt zeigende Farbholzschnittserien. "Frühlingsbilder" lautet die Übersetzung.
Okumura Masanobu (1686–1764, zugeschrieben), Doppelseite aus einem Kopfkissenbuch mit 14 Illustrationen, um 1750. Holzschnitt

Ab Mitte des 17. Jahrhunderts fanden sie dank der neuen Drucktechnik rasende Verbreitung in Japan.
Isoda Koryūsai (1735–1790, zugeschrieben), Liebespaar im Korridor, um 1772–1774. Farbholzschnitt

Mit Öffnung des Landes gen Westen kamen sie Ende des 18. Jahrhunderts auch nach Europa, wo man die hier ungewöhnlich direkte, unverstellte Abbildung von Geschlechtsakt und Genitalien bewunderte.
Kitagawa Utamaro (1753–1806), Sommerabend, 1799. Aus dem Album Negai no itoguchi [Erwachen der Begierde]. Farbholzschnitt

Klimt besaß etwa ein Faksimile eines relativ alten, also noch schwarz-weißen Shunga-Albums.
Suzuki Harunobu (ca. 1725–1770, zugeschrieben), Belauschtes Liebespaar, um 1770. Farbholzschnitt

Es sei auch die erste derart große Shunga-Ausstellung im deutschsprachigen Raum überhaupt, meint MAK-Asiatika-Spezialist Johannes Wieninger.
Isoda Koryūsai (1735–1790), Liebespaar mit jungen ZuseherInnen, um 1775. Farbholzschnitt

Einer der größten Unterschiede zu europäischer Pornografie und einer der Hauptgründe, warum Shunga jetzt, in unserer Gesellschaft des 21. Jahrhunderts, eine Art Entdeckung feiern kann, ist die gleichberechtigte Darstellung von Frauen und Männern beim Geschlechtsakt.
Suzuki Harunobu (ca. 1725–1770), Kyōdai no shūgetsu [Herbstmond auf dem Spiegelständer], 1766. Aus der Serie Furyu Zashiki Hakkei [Acht Ansichten von Interieurs]. Farbholzschnitt

Bei Shunga geht vorwiegend um den Akt, um Männer mit Frauen (ihrer aufwendigen Aufmachung nach vor allem mit Damen der abgezäunten Vergnügungsviertel). Oder um Männer mit Männern. Oder um Frauen mit Frauen. Oder um Tiere mit Tieren. Da war man nicht so streng. Sodomie und Sadomaso dagegen wurden auffällig ausgespart.
Chokyosai Eiri (tätig: 1789–1801), Eine Kurtisane mit einem Holländer, vor 1801. Drittes Blatt aus dem Album Fumi no kiyogaki [Sauberer Entwurf eines Liebesbriefs]. Farbholzschnitt

Ende des 19. Jahrhunderts verlor das Medium durch Aufkommen der Fotografie an Bedeutung. schließt die Schau mit Fotos von Nobuyoshi Araki (geb. 1940).
Anonym, Bildrolle mit erotischen Szenen, 2. Hälfte 17. Jh.. Farbe und Tusche auf Papier

"Shunga - Erotische Kunst aus Japan", MAK, 12. Oktober bis 29. Jänner, Di 10−22 Uhr, Mi−So 10−18 Uhr.
Utagawa Kunisada (1786–1865, zugeschrieben), Belauschtes Liebespaar, um 1830/40. Farbholzschnitt