Ruhige Zeiten für altehrwürdige Bauwerke

Schlösser & Burgen. Die Liebhaberstücke wechseln derzeit eher gemächlich den Besitzer.

Rund 1500 Schlösser, Burgen und Burgruinen gibt es in ganz Österreich, vom Schloss Alt-Erlaa bis zur Burgruine Zeiselberg reicht die Liste. Zehn bis 15 davon kommen jährlich auf den Markt – und bleiben dort derzeit auch ein gutes Weilchen. Denn das Geschäft mit den Schlössern und Burgen ist kein schnelllebiges und hat in der jüngeren Vergangenheit auch nicht gerade an Rasanz gewonnen. „Die Nachfrage ließ in den letzten zwei Jahren ein wenig nach“, weiß Fridolin Angerer, bei Spiegelfeld Immobilien für den Bereich Forst, Land und Schlösser verantwortlich.

Teilweise überschätzt

Was manchen Schlossbesitzer aber nicht davon abhält, den Wert der eigenen historischen Anlage deutlich zu überschätzen: „Es kommt schon immer wieder vor, dass man um eine Einschätzung gebeten wird, ob sich dieses oder jenes Schloss für über zehn Millionen verkaufen lässt, und die Antwort lautet meist nein“, erzählt Angerer. „In den meisten Fällen werden die Verkaufspläne dann wieder verworfen.“
Grundsätzlich bemisst sich der Wert eines Schlosses oder einer Burg wie der aller anderen Immobilien auch nach der Lage. „Wenn es in der Nähe einer guten Destination liegt, ist der Markt natürlich ein interessanter“, erklärt Alexander Kurz, Inhaber der gleichnamigen Salzburger Immobilienkanzlei. Und gut heißt in diesem Fall entweder in guter Erreichbarkeit zu einer der großen Städte Wien, Salzburg oder Graz oder in einer touristisch erschlossenen Gegend wie beispielsweise nahe dem Wörthersee gelegen. Befindet sich das Anwesen dagegen im nördlichen Waldviertel, können weder große Vorfahren noch hohe Türme diesen Nachteil preislich aufwiegen. „Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, ist es einfach schwer“, bringt es Kurz auf den Punkt.
Ein anderes Kriterium, das bei der Vermittelbarkeit von Schlössern und Burgen eine wichtige Rolle spielt, ist die Größe des Wohnraums – und dabei gilt der Satz „Size matters“ eher im umgekehrten Sinne. „Schwierig ist es, für ganz große Häuser Abnehmer zu finden“, erklärt Angerer, „weil dann der betriebswirtschaftliche Aspekt dazukommt.“ „Kleiner“ aber ist natürlich ein relativer Begriff: Gut vermarktbar sind Objekte bis zu gut 1000 Quadratmetern Wohnfläche. „Das ist dann groß genug für Repräsentationsräume und vielleicht eine Wohnung für den Hausbesorger, kann aber als Privatresidenz genutzt werden“, weiß Kurz. „Objekte jenseits von 10.000 Quadratmetern sind mit einer Wohnnutzung einfach nicht ausfüllbar“, fügt Angerer hinzu.
Größere Objekte werden oft dann wieder für potenzielle Käufer interessant, wenn diese ganz konkrete Ziele vor Augen haben, wie es beispielsweise jüngst beim Verkauf von Schloss Walpersdorf der Fall war: „Das hat nach dem Kauf durch die Firma Lederleitner jetzt eine ganz neue Verwendung“, freut sich Angerer, der die Vermarktung innehatte, über eine geglückte Transformation. Denn endlos sind die Möglichkeiten, was sich wirtschaftlich mit den altehrwürdigen Gebäuden anstellen lässt, nicht. Zum einen hat der Denkmalschutz ein gewichtiges Wörtchen mitzureden, zum anderen befinden sich viele Objekte an Orten, die nicht unbedingt Tourismusströme anlocken. „Am ehesten eignen sie sich natürlich für Hotels, aber da muss eben auch der Rest passen“, meint Kurz. Und der Traum vom Schloss als Wertanlage ist ohnedies vorbei: „Eine Zeit lang hat man versucht, das so zu verkaufen“, lacht Angerer, „aber das ist ein Schloss beim besten Willen nicht. Der Wertzuwachs wird von den Erhaltungskosten fünfmal aufgefressen.“
Für die meisten potenziellen Käufer steht dieser Aspekt aber gar nicht im Mittelpunkt – Schlösser sind Liebhaberobjekte mit einer ganz eigenen Klientel. Diese Erfahrung macht derzeit Karin Gornik, Inhaberin des gleichnamigen Kitzbüheler Immobilienunternehmens. Eigentlich auf Luxusimmobilien in der Gamsstadt spezialisiert, hat die Tirolerin aktuell durch eine persönliche Verbundenheit erstmals ein Schloss in der Wörtherseeregion in ihrem Portfolio, und wird seitdem von einer ganz neuen Klientel kontaktiert.

Eigene Klientel

„Ich bin überrascht, für wie viele, gerade auch Wiener, das interessant ist“, berichtet die Maklerin. Bei den Interessenten handle es sich zumeist um Familien mit einem Hang zur Geschichte, zur Tradition und zu „alten Gemäuern, die einen wieder demütig werden lassen“, wie es Gornik beschreibt. „Es macht einfach ehrfürchtig, wenn man ein solches Gebäude betritt und spürt, wie klein man im Vergleich zur Geschichte ist.“ Entsprechend seien auch die Interessenten Menschen, die kein Bedürfnis nach Sehen und Gesehenwerden haben und eher zu den „leiseren“ Käufern gehören, denen vor allem die Privatsphäre wichtig sei. Denn die gehört bei den Schlössern und Burgen des Landes zu den wichtigsten Verkaufsargumenten, wie Angerer ebenfalls betont: „Der Wunsch nach allergrößter Privatsphäre ist bei der Kundschaft wesentlich stärker als der nach Protz oder Angeberei“, so der Makler. Auch wenn man die Tatsache, großzügig über Grund und Boden zu verfügen und damit signalisieren zu können, dass man in anderen Dimensionen des Handelns denke und ein Zeichen gegen die Schnelllebigkeit setze, natürlich sehr genieße.
Weshalb auch Faktoren wie eine großzügige Auffahrt verbunden mit einem schönen Tor und einem Schild, auf dem „Privatbesitz“ steht, deutlich zur Attraktivität der Immobilien beitragen. Grundsätzlich gehe es der Klientel aber eher darum, großzügig Platz für die Familie und eventuell auch die Kunstsammlung oder andere Besitztümer zu haben.

Lange Vermarktung

Die Preise, die für diese Rückzugsorte mit gekiester Auffahrt, großem Entrée und kleinen Türmchen gezahlt werden, sind so unterschiedlich wie die Orte, an denen sie zu finden sind. Ein guter Richtwert im unteren Bereich ist eine Million, wobei bewohnbare Schlösser schon um 700.000 Euro den Besitzer gewechselt haben. Nach oben sind keine Grenzen gesetzt, obwohl die zweistelligen Millionensummen selten und dann im unteren Bereich lukriert werden. Und das nur mit Geduld: Die Vermarktungsdauer für derartige Objekte liegt derzeit zwischen 1,5 und vier Jahren. Im Vergleich zu ihrem Alter zugegeben eine Lappalie. (SMA)

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