Internet mischt Handelslandschaft neu

Mariahilfer Straße
Mariahilfer Straße(c) Clemens Fabry
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Ein höchst dynamischer Online-Handel werde für eine grundlegende Veränderung der Mietverträge im Handel sorgen, sind sich die Experten sicher.

Physische Geschäftsflächen verlieren derzeit laufend an Geschäft und Umsatz. Für Vermieter wird es daher zunehmend schwieriger, Geschäftsräume lukrativ zu vermieten. Die stationären Händler müssen zunehmend lernen, mit der virtuellen Konkurrenz zu leben: Bestandsverträge nach Schema F, die über Jahrzehnte die Geschäfte zwischen Vermietern und Händlern als Mieter regelten, werden bald ausgedient haben. Darüber waren sich die Teilnehmer einer Veranstaltung der Anwaltskanzlei Wolf Theiss und dem Beratungsunternehmen Regioplan Consulting einig.

"Fakt ist, dass das Internet als weitere Einkaufsmöglichkeit ein 'Brandbeschleuniger' für unattraktive Mietmodelle darstellen wird, wogegen es neue Chancen für attraktive und kreative Mietmodelle darstellen kann", bringt Peter Oberlechner von Wolf Theiss, die neuen Herausforderungen auf den Punkt. Die Handelsmietverträge der Zukunft würden das reflektieren müssen.

Weniger Umsatzmiete

Klassische Verträge im Einzelhandel sind bislang einem bestimmten Strickmuster gefolgt. Neben einer Fixmiete findet sich in zahlreichen Bestandsverträgen noch eine umsatzabhängige Mietzinskomponente. "Umsatzrückgänge im stationären Handel wirken sich so auch auf Umsatzzinse aus. Vermieter sind daher ebenso gefordert wie Mieter, Einkaufen zu einem Event zu machen. Diese neuen Herausforderungen gilt es auch vertraglich einzufangen", erklärt Birgit Kraml, Mietrechtsexpertin von Wolf Theiss.

Einem Trend aus den USA folgend wollen die heimischen Vermieter die variablen Umsatzzinse zurückfahren und dafür den Fixzins erhöhen, erklärt Immobilienrechtspezialist Oberlechner gegenüber der „Presse“: „Die Umsatzmiete ist immer größeren Unsicherheiten ausgeliefert. Denn immer mehr Umsatz eines Unternehmens wandert in den Online-Kanal ab“.

Daher wollen die Vermieter Online-Komponenten bei der Berechnung des Store-Umsatzes mitberücksichtigen, sagt Oberlechner. Umsätze, die aus Click&Collect-Geschäften - wo der Kunde über das Internet bestellt und die Ware im Geschäft selbst abholt - und aus direkt im Store online getätigten Bestellungen resultieren, sollen dem stationären Handel als Umsatz zugeordnet werden.

Kürzere Verträge

Ein ganz sicherer Trend sei die kürzere Vertragslaufzeit, so Rechtsexperte Oberlechner. In der Vergangenheit waren zehn Jahre Vertragslaufzeit mehr oder weniger Usus. Aufgrund der Kontinuität im Handel sei das für keinen der Partner im Normalfall ein Problem gewesen. Aber seit die Dynamik durch den Online-Handel voll eingesetzt habe, sei die Volatilität stark angewachsen. So sei es heute nicht im Interesse des Mieters, sich auf Ungewissheiten einzulassen, weiß Oberlechner: „Kaum einer kennt die Mietfläche, die er in drei bis fünf Jahren benötigen wird.“ Aufgrund des Überangebots an Flächen - Online fordert einen Aderlass bei allen Marktteilnehmern - sind die Mieter in einer wesentlich stärkeren Verhandlungsposition als in der Expansionsphase des Einzelhandels vor 15 oder 20 Jahren. Andererseits müssen viele Händler ihre langjährigen Mietverträge noch aussitzen.

Grundsätzlich werde in Zukunft viel mehr Diversität bei Mietverträgen gefragt sein, ist sich Immobilienspezialist Oberlechner sicher: „Es wird einen Bedarf nach ganz kurzfristigen Mietverträgen geben, etwa um Pop-Up-Stores, die Zeitgeist-Shopping vermitteln, abzudecken“. Der Jurist glaubt, dass künftig in Mietvereinbarungen häufiger regelmäßige Checks für Vertragsanpassungen - periodische Reviews im Fachjargon - vereinbart werden, um dem schnelllebigen Handelsgeschäft besser gerecht zu werden.

Da Vermieter und Mieter jedoch im gleichen Boot sitzen, werden sie noch mehr kooperieren müssen als bisher, um in die gleichen Richtung zu rudern. Unstrittig sei auch, so Oberlechner, dass die Entwicklung zur Veränderung noch in den Kinderschuhen stecke.

(red./herbas)

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