ÖVP legt deutlich zu, KPÖ verteidigt Platz zwei, SPÖ stürzt ab

GRAZ-WAHL: GRAZER GEMEINDERATSWAHL 2017 - WIRNSBERGER / KAHR / NAGL / EUSTACCHIO / EHMANN
GRAZ-WAHL: GRAZER GEMEINDERATSWAHL 2017 - WIRNSBERGER / KAHR / NAGL / EUSTACCHIO / EHMANNAPA/ERWIN SCHERIAU
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Die steirische Landeshauptstadt bleibt in schwarzer Hand, Siegfried Nagl konnte seinen Vorsprung ausbauen.

Graz. Siegfried Nagl bleibt Bürgermeister von Graz. Der ÖVP-Politiker konnte deutliche Zugewinne verbuchen und geht mit 38,2 Prozent (+4,6) (Endergebnis mit Wahlkartenprognose) als Sieger dieser Gemeinderatswahl hervor. Der 53-Jährige wird der steirischen Landeshauptstadt in einer vierten Legislaturperiode als Bürgermeister vorstehen.

Damit hat Nagl all seine Wahlziele erreicht. Er wollte dazugewinnen – das hat er erreicht. Und er wollte klarere Verhältnisse im Gemeinderat. Auch dieser Wunsch dürfte ihm erfüllt werden, denn die FPÖ konnte mit Mario Eustacchio auf 15,8 (+2) zulegen – eine schwarz-blaue Zweierkoalition scheint in der steirischen Landeshauptstadt möglich.

Explizit hatte Nagl auch im Gespräch mit der „Presse“ eine Koalition mit der KPÖ ausgeschlossen. Zu groß seien die ideologischen Unterschiede. „Ich werde das Endergebnis abwarten, bevor ich bekannt gebe, mit wem ich koalieren möchte“, sagte Nagl am Sonntag.

„Wir werden Nagl zum Bürgermeister wählen“, sagte Elke Kahr trotz der Ressentiments des Bürgermeisters. Kahrs KPÖ ging unverändert stark aus dieser Gemeinderatswahl hervor. Leichte Zugewinne von 0,1 Prozent brachten die Kommunisten auf 20 Prozent.

Die Grünen schrieben mit ihrer neuen Spitzenkandidatin, Tina Wirnsberger, Verluste und landeten bei 10,5 Prozent (-1,7), und auch die SPÖ bleibt in Graz weiterhin eine Baustelle. Michael Ehmann, der die SPÖ erst im Vorjahr übernommen hatte, verlor fünf Prozentpunkte und kam für die ehemalige Bürgermeisterpartei nur mehr auf 10,1 Prozent (-5,2). Bei ihrem erstmaligen Antreten schafften die Neos mit Spitzenkandidat Niko Swatek mit vier Prozent den Einzug in den Grazer Gemeinderat. Dies ging wohl auf Kosten der Piraten, die den Einzug mit 1,1 Prozent (-1,6) klar verfehlten.

„Es ist eine Ehre“

„Es ist eine Ehre, viermal Bürgermeister dieser Stadt sein zu können und dieses Mal auch wieder dazugewonnen zu haben“, sagte Nagl in einer ersten Reaktion. Der steirische Landeshauptmann, Hermann Schützenhöfer, streute Nagl im Rathaus Rosen: „Das ist heute der Tag des Siegfried Nagl, er ist der Grund, wieso wir diese erfolgreiche Ernte einfahren konnten.“

Schützenhöfer sprach damit etwas an, das sich durch das gesamte Wahlergebnis zieht. Es war eine Personenwahl. Das gilt für Nagl, das gilt auch für Elke Kahr und Mario Eustacchio. Sie sind bekannte Größen in der Grazer Kommunalpolitik.

Keine Gedanken an Rücktritt

Tina Wirnsberger (Die Grünen) sowie vor allem Michael Ehmann (SPÖ) mussten dem frühen, vorgezogenen Wahltermin und ihrer geringen Bekanntheit Tribut zollen. Der SPÖ half nicht einmal die Wahlunterstützung von Bundeskanzler Christian Kern, der noch am Samstag mit Ehmann durch die Grazer Innenstadt getourt war. Wirnsberger wie auch Ehmann wollten trotz der Verluste nicht an Rücktritt denken.

„Ich sehe die SPÖ Graz als Langzeitprojekt“, sagte Ehmann nach der Wahl. Wirnsberger meinte, sie habe zu wenig Zeit gehabt, ihr Programm zu präsentieren, dies werde sie in den nächsten Jahren nachholen.

In der Stadtregierung – in Graz gilt das Proporzsystem – dürfte sich nichts ändern. Die sieben Sitze verteilen sich laut der Hochrechnung inklusive Wahlkartenprognose wie folgt: Die ÖVP hält bei drei Sitzen, KPÖ, FPÖ, die Grünen sowie die SPÖ halten bei je einem. Fix ist diese Verteilung aber eben erst nach Auszählung der 13.626 Wahlkarten am Montag. Es könnte nämlich sein, dass die SPÖ ihren Sitz in der Stadtregierung verliert. Fix ist hingegen, dass die FPÖ mit Mario Eustacchio keines ihrer propagierten Wahlziele erreichen konnte: Eustacchio wollte zweitstärkste Kraft werden und einen zweiten Stadtsenatssitz dazugewinnen.

Wahlsieger Nagl hat seine Ziele erreicht, die Strategie, in den letzten Tagen vor der roten Gefahr KPÖ bzw. vor einer rot-rot-grünen Stadtregierung auch via eines lancierten Exitpolls nach dem vorgezogenen Wahltag zu warnen, scheint aufgegangen zu sein. Doch die Nervosität war auch bei der ÖVP in den letzten Tagen spürbar. Und bei der Stimmabgabe Sonntagfrüh hat Nagl gar seinen Rücktritt angekündigt, sollte er nicht Nummer eins werden, um auch noch die letzten Wähler zu mobilisieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2017)

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