Karl Korinek: "Dirigent" des VfGH und großer Staatsrechtsleher

Karl Korinek: "Dirigent" des VfGH und großer Staatsrechtsleher
Karl Korinek: "Dirigent" des VfGH und großer StaatsrechtsleherAPA/ROLAND SCHLAGER
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Korinek hat den Verfassungsgerichtshof geprägt wie kaum ein anderer.

Der am Donnerstag im 77. Lebensjahr gestorbene Karl Korinek hat den Verfassungsgerichtshof (VfGH) geprägt wie kaum ein anderer. 1978 in den VfGH berufen, gestaltete er als ständiger Referent, ab 1998 als Vizepräsident und ab 2003 als Präsident die Rechtsprechung maßgeblich mit. 2008 trat Korinek drei Jahre vor Erreichen der Altersgrenze wegen Herzproblemen zurück.

Den Gerichtshof hat der große Liebhaber klassischer Musik - wie er selbst einmal schilderte - als Präsident geführt "wie ein Dirigent: Den ersten Takt geben und dann einfach spielen lassen." In der Rechtsprechung spielte er maßgeblich mit: In seiner Zeit als Verfassungsrichter hat er an mehr als der Hälfte der Entscheidungen seit der Gründung des VfGH 1919 mitgewirkt und die Judikatur in manchen Dingen beeinflusst, zog Korinek einmal selbst Resümee.

"Besondere Freude" machten ihm juristisch schwierige Aufgaben wie die rechtliche Bewältigung des EU-Beitritts oder die Entwicklung der Grundrechtsjudikatur. Die Causa Kärntner Ortstafeln, die ihm (neben dem damaligen Präsidenten Ludwig Adamovich) heftige blau-orange Angriffe eintrug, war für ihn "keine besonders dauerhafte Erfahrung". Als Präsident - am 1. Jänner 2003 löste er Adamovich ab - mahnte Korinek immer wieder lautstark, wenn er Grund- und Freiheitsrechte in Gefahr sah. So war er einer der größten Kritiker der Vorratsdatenspeicherung, die 2014 vom EuGH und vom VfGH aufgehoben wurde.

Weltanschaulich im konservativen Lager verankert - sein Vater Franz Korinek war Wirtschaftskammer-Generalsekretär und ÖVP-Finanzminister - , legte er die ÖVP-Mitgliedschaft mit der Berufung zum Präsidenten zurück und erwarb sich in Folge bei praktisch allen Parteien Respekt und Ansehen - abgesehen von der FPÖ, die ihn wegen der Ortstafel-Judikatur nachhaltig attackierte. In Korineks Amtszeit als Präsident fielen viele wichtige Entscheidungen über schwarz-blaue Gesetze: Die Pensionsreform 2000 und das umstrittene Sparpaket 2003 wurden als verfassungskonform beurteilt, das Modell zur Sanierung der Krankenkassen aufgehoben und in einigen Punkten auch schwarz-blaue Ausländer- und Asylregelungen.


Als Mitglied des Österreich-Konvents 2003/4 engagierte sich Korinek für die Bereinigung und Modernisierung der Verfassung. Ein großes Anliegen im VfGH war ihm mehr Transparenz der Entscheidungen - und für die Gesetzgebung mahnte er unermüdlich mehr Qualität ein.

Nach seinem Rückzug meldete sich Korinek nur mehr selten zu Wort - sondern widmete sich intensiv seiner zweiten großen Leidenschaft neben dem Recht, der klassischen Musik. So schrieb er ein Buch über die Strauss/Hofmannsthal-Oper Rosenkavalier, war im Aufsichtsrat der Staatsoper und Präsident des Vereins der Freunde der Wiener Staatsoper.

Korinek war auch einer der großen österreichischen Staatsrechtslehrer. Seit 1973 unterrichtete er als ordentlicher Professor für Verfassungs- und Verwaltungsrecht, zuerst in Graz, dann an der WU Wien und zuletzt (bis 2003) an der Uni Wien. Er verfasste mehr als 200 wissenschaftliche Arbeiten, darunter mehrere selbstständige Publikationen. Außerdem war Korinek u.a. Präsident des Österreichischen Normungsinstituts (1986 bis 2002).


Geboren wurde Korinek am 7. Dezember 1940 in Wien, als Sohn des früheren Wirtschaftskammer-Generalsekretärs und Finanzministers Franz Korinek. 1958 maturierte er am humanistischen "Mariahilfer Gymnasium". 1963 promovierte er zum Dr. iur. Nach dem Rechtspraktikum wechselte er als Rechtskonsulent in die Wirtschaftskammer. 1970 habilitierte sich Korinek an der Universität Salzburg für Verfassungsrecht und Verwaltungsrecht. Seine Verdienste wurden mit zahlreichen Auszeichnungen gewürdigt, darunter 2006 das Große Goldene Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik und der Große Kardinal-Innitzer-Preis für sein herausragendes wissenschaftliches Lebenswerk.

(APA)

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