Diplomaten, Spitzenbeamte und Sonderberater: Wer über den EU-Austritt verhandeln wird.
11.11.2019 um 11:35
Die Verhandlungen über den EU-Austritt Großbritanniens werden nicht nur für die beteiligten Staats- und Regierungschefs zur europapolitischen Bewährungsprobe, sondern auch für jene Spitzenbeamte, Diplomaten und Berater, die in gerade einmal 24 Monaten Großbritannien und den Rest der Union in gesonderte und geregelte Bahnen lenken und das Verhältnis zwischen London und Europa neu regeln müssen. Eine Übersicht über die Player in den wichtigsten EU-Hauptstädten hat das Brüsseler Team des Thinktanks FTI Consulting zusammengestellt.
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In der ersten Front bei den Verhandlungen wird Sir Tim Barrow stehen, der EU-Botschafter des Vereinigten Königreichs. Der ehemalige diplomatische Vertreter Großbritanniens in Moskau und enger Vertrauter von Außenminister Boris Johnson wird sich einerseits mit dem obersten britischen Beamten, Sir Jeremy Heywood, koordinieren, andererseits mit Oliver Robbins, dem für die Verhandlungen zuständigen Staatssekretär im neu geschaffenen Ministerium für den EU-Austritt. Eine nicht unwesentliche Rolle in den kommenden zwei Jahren dürften allerdings auch die politischen Chefberater von Premierministerin Theresa May spielen: Nick Timothy und Fiona Hill. Beide gelten als inhaltlich versiert – und gut eingespielt, wenn es darum geht, May den Rücken freizuhalten.
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Aufgrund der Architektur der EU werden an den Verhandlungen gleich drei Institutionen beteiligt sein: Kommission, Rat und Europaparlament. Die EU-Kommission wird der eigentliche Gesprächspartner der Briten sein – ihr Chefverhandler ist ein ehemaliger Binnenmarktkommissar, der Franzose Michel Barnier. Seinen Einfluss ausspielen wird auch der ehrgeizige Kabinettschef von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Martin Selmayr. Der Deutsche, der als Verfechter einer eng verflochtenen EU gilt, wird wohl darauf achten, dass den Briten kein allzu guter Deal offeriert wird. Beaufsichtigt wird die Brüsseler Behörde vom Rat, dem Gremium der Nationalstaaten – hier wird der Pole Piotr Serafin, Kabinettschef von Ratspräsident Donald Tusk, eine Schlüsselrolle spielen. Im Europaparlament wiederum, dass dem Verhandlungsergebnis zustimmen muss, wurde der ehemalige belgische Premier Guy Verhofstadt zum Brexit-Chefunterhändler gewählt.
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Im größten EU-Mitgliedsstaat werden Beamte des Bundeskanzleramts die Oberaufsicht über die Verhandlungen haben – allen voran Uwe Corsepius, der europapolitische Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Als ehemaliger Generalsekretär im Rat verfügt er über die notwendige Einsicht in die Abläufe der EU. Ihm zur Seite steht Peter Ptassek, der im Außenamt für die strategische Koordination zuständig ist.
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Bereits wenige Tage nach dem Votum für den EU-Austritt am 23. Juni 2016 hat die französische Regierung eine ressortübergreifende Brexit-Taskforce geschaffen, die die französische Verhandlungsposition koordinieren soll. An der Spitze dieser Arbeitsgruppe steht Philippe Leglise-Costa, der Generalsekretär für Europaangelegenheiten. Er gilt als zäher Verhandler und entschiedener Gegner eine bevorzugten Behandlung britischer Finanzinstitute. Das französische Hauptansinnen, der City of London das Wasser abzugraben (siehe Seite 1), spiegelt sich in der Auswahl der handelnden Personen wider: Neben Leglise-Costa wird nämlich Christian Noyer in die Verhandlungen mit den Briten eingebunden sein. Der Gouverneur der französischen Notenbank wurde zum Sonderbeauftragten für Finanzangelegenheiten ernannt – seine Aufgabe wird es sein, möglichst viele Banken und Fonds aus London nach Paris zu locken.
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Madrid wird bei den Verhandlungen aus zwei Gründen eine wichtige Rolle spielen: Erstens aufgrund der Tatsache, dass in Spanien geschätzte 300.000 britische Staatsbürger leben, und zweitens wegen des britisch-spanischen Zankapfels Gibraltar. Zum Staatssekretär für Europaangelegenheiten wurde kürzlich der Diplomat und ehemalige Regierungsberater Jorge Toledo Albiñana ernannt, als EU-Botschafter nach Brüssel geschickt wurde der ehemalige Botschafter in Deutschland, Pablo Garcia Berdoy. Für die Koordination auf Ministerialebene zuständig ist die stellvertretende Premierministerin Soraya Sáenz de Santamaria.
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Für die Aufsicht über die Brexit-Verhandlungen werden hierzulande das Bundeskanzleramt und das Außenministerium zuständig sein. Im Außenamt ist die Entscheidung über das Amt des Brexit-Koordinators dem Vernehmen nach noch nicht gefallen. Am Ballhausplatz wiederum ist Bernhard Wrabetz, außenpolitischer Berater von Bundeskanzler Christian Kern, mit der Agenda betraut.
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